Hückeswagen Hückeswagen hat keine gesetzliche Mittagsruhe

Hückeswagen · Wer in Hückeswagen werktags zwischen 13 und 15 Uhr den Rasenmäher anschmeißt oder die Bohrmaschine bedient, darf das tun. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Sonn- und Feiertage.

Sommer pur am Wochenende: Viele möchten laue Luft und Sonnenschein auf Balkon, Terrasse oder im Garten genießen. Wenn da nicht die lieben Nachbarn wären, die just, wenn man sich unters Sonnensegel setzt, Rasenmäher, Bohrmaschine oder Stichsäge anwerfen - womöglich noch zwischen 13 und 15 Uhr, wenn man sich gutgläubig in der gesetzlich festgelegten Mittagsruhe wähnt. Das ist aber eine falsche Annahme - zumindest in Hückeswagen. Das bestätigt Roland Kissau vom Ordnungsamt. "Es gibt tatsächlich seit einigen Jahren keine gesetzliche Mittagsruhe mehr", sagt er. Damit steht die Schloss-Stadt nicht alleine da. "Es ist Sache der Kommunen, dieses Detail zu regeln - und es gibt meines Wissens nach kaum noch Gemeinden, die einen festgelegten Zeitraum der Mittagsruhe haben." Die Nachbarstadt Wermelskirchen bildet eine Ausnahme: Dort ist nach Paragraf 11 (1) der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf den Straßen und in den Anlagen in Wohn- und Kleinsiedlungsgebieten von 13 bis 15 Uhr (allgemeine Ruhezeit) jede Tätigkeit untersagt, die mit besonderer Lärmentwicklung verbunden ist und die allgemeine Ruhezeit stören könnte.

In Hückeswagen heißt es dagegen: Toleranz üben und auf ähnliche Ruhezeitbedürfnisse der Nachbarn hoffen. Ganz anders sieht es an Sonn- und Feiertagen aus. "In schönstem Amtsdeutsch heißt es da: An diesen Tagen sind alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten nicht erlaubt, die die nachbarschaftliche Ruhe beeinträchtigen", sagt Kissau. Gemeint sind Rasenmähen, Bohren, Sägen oder Häckseln. Wer einen Nachbarn hat, der sich nicht an diese Regel hält, sollte zunächst das Gespräch suchen, rät Kissau: "Am einfachsten ist es, den Störer freundlich darauf hinzuweisen, dass er gerade die Sonntagsruhe bricht." Wenn sich der ruhestörende Nachbar allerdings beratungsresistent zeige, bleibe dem genervten Nachbarn nur noch der Griff zum Telefon. "Das Ordnungsamt hat eine Bereitschaftsnummer. Diese ist bei der Polizei sowie der Rettungsleitstelle hinterlegt", sagt Kissau. Die Polizei würde dann im Einzelfall entscheiden, ob es ein Fall für sie sei oder für die Mitarbeiter der Stadt.

Wenn diese ausrücken und den Ruhestörer auf frischer Tat ertappen, komme es für die Konsequenzen auf den Schweregrad der Ruhestörung an. "Wenn jemand ganz Wiehagen am Sonntagnachmittag beschallt, dann hat das eine andere Qualität, als ein Rasenmäher in dünn besiedelter Nachbarschaft", sagt Kissau. Auch würden sie zunächst auf das konstruktive Gespräch setzen. "Ruhestörung ist eine Ordnungswidrigkeit. Aber ein Bußgeld wird erst dann verhängt, wenn der Störer sich uneinsichtig zeigt oder wir zum wiederholten Mal ausrücken müssen." Dann allerdings kann ein Bußgeld um die 100 Euro fällig werden.

Wer Bedenken hat, in der Nachbarschaft als "Petze" verschrien zu werden oder eine Revanche des Nachbarn fürchtet, den kann Kissau beruhigen. "Solange es nicht zu einer Anzeige und zur Gerichtsverhandlung kommt, bleiben die Anrufe anonym." Auf Nachfragen der Ruhestörer würden die Mitarbeiter des Ordnungsamts nur mitteilen, "dass die Meldung aus der Nachbarschaft stammt". Insgesamt komme es in der Schloss-Stadt sehr selten vor, dass die Mitarbeiter des Ordnungsamts gerufen würden. "Wenn es fünfmal im Jahr ist, dann ist das schon viel", sagt Kissau.

Woran das liege - ob die Hückeswagener so rücksichtsvoll sind oder ob sie sich nicht trauen, die Ruhestörung zur Meldung zu bringen -, weiß er nicht: "Darüber kann ich keine Angaben machen. Aber vielleicht hilft ja oft schon das erste Gespräch mit dem Nachbarn."

(wow)
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