Hückeswagen Kommt der Wolf, fordern Schäfer Hilfe

Hückeswagen · Mittelfristig könnten sich wieder Wölfe im Bergischen ansiedeln. Das Land NRW hat Präventionsmaßnahmen ergriffen, die Schafzüchtern nicht weit genug gehen: Ohne finanzielle Unterstützung stünden viele Betriebe vor dem Aus.

Hückeswagen: Kommt der Wolf, fordern Schäfer Hilfe
Foto: dpa-Zentralbild

Beim Umweltministerium und Naturschutzverbänden freut man sich: Der Wolf kehrt ins Bundesgebiet zurück, in Brandenburg und Sachsen-Anhalt hat er sich bereits wieder angesiedelt. In Niedersachsen wurden voriges Jahr sieben Rudel gezählt. "Die Reviergröße beträgt zwischen 150 und 350 Quadratkilometern", berichtet Miriam Hoberg, die Wolfsbeauftragte des Regionalforstamts Bergisches Land und damit auch zuständig für Hückeswagen. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die ersten Tiere auch in NRW neuen Lebensraum suchen.

Was unter ökologischen Gesichtspunkten als Erfolg zu werten ist, bereitet anderen allerdings Sorgen. Unter anderem Karin Viesteg. Die 55-Jährige ist Wildschadensbeauftragte des Schafzüchterverbands NRW sowie Mitglied im Bundesvorstand der Berufsschäfer. "Eine mögliche Ansiedlung von Wolfsrudeln in NRW sehe ich kritisch. Denn die bisherigen Schutzmaßnahmen für Schafe und andere Weidetiere reichen derzeit nicht aus." Ihrer Meinung nach dürfte es nicht mehr lange dauern, bis sich einzelne Tiere auch im Bergischen niederlassen. "Im Siegerland ist ein Tier bereits in eine Fotofalle getappt", erzählt sie. Daher müsse man sich bereits jetzt für eine mögliche Niederlassung des Wolfs in der Region wappnen.

Miriam Hoberg vom Regionalforstamt versucht zu relativieren: "Man kann nicht mit Bestimmtheit sagen, ob sich der Wolf überhaupt in NRW ansiedelt. Wenn er sich nicht wohlfühlt, dann bleibt er auch nicht. Und bis die Tiere ins Bergische kommen, kann es auch noch bis zu fünf Jahre dauern." Daher seien die Herdenschutzmaßnahmen des Landes für den Moment auch ausreichend. "Denn bislang gab es nur Sichtungen, aber keine Niederlassung", betont Hoberg.

In Schäferkreisen wird das Thema allerdings besorgter diskutiert. "Bislang war im Alltag kein besonders aufwendiger Schutz unserer Tiere nötig", sagt Karin Viesteg. "Doch egal ob Hobby- oder Berufsschäfer: Wenn uns nicht geholfen wird, dann bekommen wir Probleme." Bereits ein Kleinbetrieb mit ungefähr 60 Tieren und 25 Hektar Weidefläche müsste enorme Mittel aufbringen, um bereits vorhandene Herdenschutzzäune aufzurüsten. "Und selbst dann ist nicht gesagt, dass die Tiere sicher sind." Üblicherweise liegt die Höhe der Strom führenden Zäune bei 1,30 Meter - eine Höhe, die für einen Wolf problemlos zu bewältigen sei.

Schließlich sei es den Raubtieren nicht zu verübeln, dass sie ihre Beute lieber auf bequeme Art schlagen, anstatt im Wald einem Reh hinterherzujagen. Doch genau aus diesem Grund bedürfe es einer entsprechenden Förderung der Schäfer -ansonsten stünde die Schafzucht in NRW und damit auch im Bergischen vor dem Aus. "Wir Schäfer schaffen das alleine nicht", unterstreicht Viesteg. Wenn die Menschen weiterhin regionale Lebensmittel und eine naturnahe Landwirtschaft wollten, bräuchten die Schafzüchter Unterstützung."

Laut Miriam Hoberg sind derartige Maßnahmen bereits in Planung: "Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz erstellt derzeit einen Managementplan mit konkreten Maßnahmen, der noch dieses Jahr erscheinen wird." Dort soll detailliert festgehalten werden, wie der künftige Umgang mit Wölfen auszusehen hat, welche Mittel den Schäfern zum Schutz ihrer Tiere zur Verfügung gestellt werden sollen.

Karin Viesteg kennt die Inhalte des Managementplans, teilweise begrüßt sie die geplanten Vorkehrungen. Allerdings bliebe zu oft noch außer Acht, welchen Rattenschwanz ein Wolfsriss nach sich zöge: "Niemand sieht die weiteren Folgen. Panik bei den Muttertieren, die durch den Stress ihre ungeborenen Lämmer verlieren. Der Arbeitsaufwand, der durch die nächtliche Aufstallung entsteht, inklusive Futter- und Säuberungskosten. Nährstoffverlust durch fehlenden Kot auf den Weiden. Diese Schäden müssen unbedingt ersetzt werden."

Karin Viesteg möchte sich aber auch nicht falsch verstanden fühlen. "Es geht mir nicht darum, den Wolf aus NRW herauszuhalten. Wir Schäfer begrüßen es im Sinne der Artenvielfalt, wenn die Tiere sich hier wieder ansiedeln. Aber wir brauchen jetzt die entsprechende Hilfe, sonst gehen wir kaputt."

(p-m)
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