Christoph Rösgen "Mehr Bewusstsein für Mülltrennung"

Hückeswagen · Wilde Müllkippen sind häufig ein großes Problem. Christoph Rösgen, Leiter der Abfallwirtschaft beim Bergischen Abfallwirtschaftsverband, über das Trennsystem, die Folgen der wilden Kippen und wie der BAV dagegen vorgeht.

 Christoph Rösgen.

Christoph Rösgen.

Foto: BAV

Wie hat sich die Mülltrennung in den vergangenen Jahren entwickelt?

 "Häufig fehlt das Unrechtsbewusstsein": Illegal abgelagerter Müll bleibt ein Problem, sagt Rösgen.

"Häufig fehlt das Unrechtsbewusstsein": Illegal abgelagerter Müll bleibt ein Problem, sagt Rösgen.

Foto: Jumpertz

Rösgen Das Kreislaufwirtschaftsgesetz aus dem Jahr 2012 wie auch der Abfallwirtschaftsplan der NRW-Landesregierung fordern gesteigerte Anstrengungen zur Abfallvermeidung und -verwertung. In Kooperation mit den Kommunen hat der BAV neue flächendeckende Abfallverwertungsangebote eingerichtet und bestehende weiter ausgebaut.

Welche Angebote sind das?

Rösgen Dazu zählen die Depotcontainer für Alttextilien und Schuhe sowie für Elektrokleingeräte. Außerdem sollen weitere Standorte für kommunale Wertstoffhöfe folgen. Grünabfälle, Sperrmüll, Elektrogeräte, Metall oder Papier werden dort ordnungsgemäß entsorgt und fallen nicht illegalen Straßensammlern in die Hände oder landen im Wald. Durch die Einführung der Biotonne in Burscheid, Kürten, Reichshof und Radevormwald kann sie in allen Kommunen des Verbandsgebietes genutzt werden. Die Kapazität der Vergärungs- und Kompostierungsanlage wurde angepasst.

Ist das Bewusstsein für die Trennung gewachsen?

Rösgen Die hohe Menge an Abfällen aus den Haushalten, die einer Verwertung zugeführt werden, zeigt, dass ein Bewusstsein in der Bevölkerung breit verankert ist. Dieser Anteil konnte kontinuierlich auf rund zwei Drittel des gesamten Abfallaufkommens der Haushalte gesteigert werden. Die begleitende Öffentlichkeitsarbeit der Abfallberatung hat daran einen wesentlichen Anteil.

Gibt es denn auch Probleme?

Rösgen Im Bereich der Bioabfälle werden von der Industrie Produkte auf den Markt gebracht, die ungeeignet für die Vergärung und Kompostierung sind. Insbesondere Plastikbeutel mit Kompostierungshinweis sind hier zu nennen. Sie bestehen zu circa 40 Prozent aus Maisstärke sowie zu 60 Prozent aus Erdölprodukten und sind, entgegen den Hinweisen, ungeeignet. Sie behindern die technischen Prozesse und zersetzen sich erst nach längerer Zeit vollständig.

Wie gehen Sie das Problem an?

Rösgen Der BAV hat in diesem Jahr eine Informationskampagne zur richtigen getrennten Sammlung von Bioabfall gestartet. Hückeswagen, Radevormwald und Wermelskirchen sind 2017 an der Reihe. Die Termine werden rechtzeitig über die Presse bekannt gemacht.

Warum ist die gesonderte Trennung von Biomüll wichtig?

Rösgen Aus Küchen- und Gartenabfällen stellt der BAV Biogas und Bergischen Qualitätskompost her. Biogas dient als umweltfreundlicher Energieträger. Der Kompost ersetzt in Landwirtschaft und Gärten unter anderem künstlichen Dünger und Torf. Die getrennte Sammlung von Bioabfall schont die Umwelt und das Klima. Bioabfall macht rund ein Drittel des Abfallaufkommens der Haushalte aus und ist zu 100 Prozent verwertbar.

Welche Herausforderungen gibt es für den BAV im Winter?

Rösgen Die Abfallentsorgung ist auf die Jahreszeiten eingestellt, so dass es von dieser Seite keine Probleme geben sollte. Für Hückeswagen und Radevormwald hält der BAV auf seiner Homepage eine sogenannte Abfuhrampel bereit. Bei Verzögerungen durch extreme Witterung informieren wir darüber zeitnah.

Wie geht man jetzt mit Biomüll um?

Rösgen Bei Frost kann der feuchte Bioabfall in der Tonne festfrieren. Deshalb sollte man einen geschützten Standort, etwa Garage oder Keller, wählen und die Tonne erst morgens am Abholtag bis sechs Uhr bereitstellen. Feuchte Speiseabfälle schon in der Küche abtropfen lassen und nur in Zeitungspapier eingewickelt oder in Papiertüten in die Tonne geben. Nach der Leerung eine Lage geknülltes Zeitungspapier oder Reisig in die Biotonne legen. Festfrieren des Bioabfalls am Tonnengrund wird dadurch verhindert.

Wilde Müllkippen sind immer wieder ein Thema...

Rösgen Es wundert mich, warum sich manche die große Mühe machen, zum Beispiel Elektrogeräte im Wald zu entsorgen. Hierfür gibt es die Abfuhren der Kommunen, welche die Geräte an der Haustür abholen, oder Wertstoffhöfe mit kostenloser Annahme. Abfälle, die achtlos in der Landschaft oder am Straßenrand abgelagert werden, gefährden die Umwelt und die Gesundheit. Illegal abgelagerte Grünabfälle ersticken die Natur, schaden durch den Fäulnisprozess und beschwören Brandgefahren herauf. Leider werden oft auch Bau- und Renovierungsabfälle oder Möbel aus einem kurzfristigen Umzug in den Wald gefahren. Der Aufwand, diese Abfälle einzusammeln, ist ungefähr zehn Mal so hoch wie bei der regulären Entsorgung. Die Kosten müssen alle Gebührenzahler tragen.

Gibt es aktuell wilde Kippen?

Rösgen Grünabfälle werden leider immer noch massenhaft illegal in der Natur abgelagert. Häufig fehlt das Unrechtsbewusstsein. Daher der Appell, für Grünabfälle die reichlich vorhandenen kommunalen Entsorgungsangebote oder die eigene Kompostierung zu nutzen.

Was machen Sie präventiv dagegen?

Rösgen Seit vielen Jahren führt der BAV in Kooperation etwa mit Hückeswagen und Radevormwald im Frühjahr öffentliche Sammeltage mit Bürgern und Vereinen durch. Die freiwilligen Sammler befreien an diesem Tag Wege und Landschaft vom wilden Müll. Jedes Jahr machen einige tausend Freiwillige mit. Die Abfallberatung bietet entsprechend Unterrichtseinheiten zum Thema wilder Müll. Hinweisen auf mögliche Verursacher wird nachgegangen. Wenn diese ermittelt werden können, drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE ANNA MAZZALUPI.

(RP)
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