Hückeswagen Mit einem Putzmachergeschäft fing's 1901 an

Hückeswagen · Zwei Ären enden im Jahr 1901: Mit dem Tod der britischen Königin Victoria geht nach 63 Jahren das nach ihr benannte Viktorianische Zeitalter zu Ende, und auch der italienische Opernkomponist Guiseppe Verdi ("Nabucco", "Aida") stirbt. In Hückeswagen dagegen beginnt eine Ära. Zwar keine vergleichsweise große wie die der Königin oder die des Komponisten, aber immerhin eine, die seit nunmehr 115 Jahren Bestand hat: Lydia und Carl Sessinghaus eröffnen im Island ein Putzmachergeschäft.

Nachdem es einige Jahre dort nur Hüte zu kaufen gibt, wird das Sortiment mit dem ersten Umbau im Jahr 1904 erweitert. Nun sind dort auch Stoffe und Textilien zu haben. Seitdem hat das Mode- und Textilhaus Sessinghaus endgültig seinen Platz in der Hückeswagener Geschäftswelt. In diesem Jahr feiern Urenkel Dirk Sessinghaus und seine Frau Annette das 115-jährige Bestehen des Traditionsgeschäfts.

In dem vom Eingang aus gesehenen linken Teil des heutigen Ladenlokals war das ursprüngliche Geschäft untergebracht. Bei dem ersten großen Umbau drei Jahre nach der Eröffnung wurde der rechte Teil angebaut. Endgültig erweitert wurde das Geschäft 1936. Dabei wurde der hintere Teil der linken Ladenhälfte in den Berg getrieben. Mit Spitzhacken waren vor 80 Jahren die Steine aus dem Berg gehauen und mit Loren über einen beschwerlichen Weg bis zum Marktberg transportiert worden, wo sie abgekippt wurden.

Zwei Jahre nach Kriegsende übernahmen der Sohn und die Schwiegertochter der Gründer, Marga und Erich Sessinghaus, das Textilgeschäft; 1954 ließen sie die Hausfront umgestalten. 18 Jahre später übergaben sie das Geschäft an Ellen und Carl-Heinz Sessinghaus.

Einher ging immer eine Sortimentserweiterung. Als Dirk Sessinghaus Kind war, gab's noch Gardinen, Stoffe und Bettware; viele ältere Hückeswagener dürften sich daran noch erinnern. Musste damals ein Geschäft für die Grundversorgung der Menschen in der Stadt aufkommen, so hat das inzwischen jedoch keine Bedeutung mehr. Vielmehr wollen die Kunden kein breites, sondern ein tiefes Sortiment vorfinden.

Das war ein Grund für Dirk und Annette Sessinghaus, bei der Umgestaltung des Ladenlokals 2001 beispielsweise die Kindersachen aus dem Programm zu werfen. Im Oktober 2006 eröffnete das Ehepaar nur wenige Meter oberhalb des angestammten Geschäfts den zweite Laden: Bei "accanto" steht die junge Mode im Mittelpunkt. Der moderne Kunde steht halt mehr der Sinn nach Markenartikeln - zu König Victorias Zeiten noch undenkbar.

(büba)
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