Traditionsberufe Rosa Sorrentino Mit elf Jahren in die Schneiderlehre

Hückeswagen · Rosa Sorrentino betreibt die einzige Änderungsschneiderei in Hückeswagen. Seit 35 Jahren gehört ihr Geschäft im Island zum Stadtbild. Für das Schneiderdiplom war die heute 66-Jährige vor 43 Jahren extra zurück nach Italien gegangen.

 Voll konzentriert an der Nähmaschine - so kennen die Hückeswagener Kunden Rosa Sorrentino. Seit 55 Jahren arbeitet sie bereits in ihrem Beruf, 35 davon in Hückeswagen.

Voll konzentriert an der Nähmaschine - so kennen die Hückeswagener Kunden Rosa Sorrentino. Seit 55 Jahren arbeitet sie bereits in ihrem Beruf, 35 davon in Hückeswagen.

Foto: J. Moll

Hückeswagen Die Änderungsschneiderei von Rosa Sorrentino gehört zum Island wie das Tuchmacherdenkmal: Seit 35 Jahren ist die 66-Jährige, die aus dem kleinen Ort Castelbuono in der Nähe von Palermo auf Sizilien stammt, bereits in der Schloss-Stadt mit ihrem kleinen Geschäft für ihre Kunden da und ändert oder repariert deren Kleidung.

In Hückeswagen lebt sie indes schon viele länger: "Mein Vater ist 1963 als Gastarbeiter für die Bundesbahn nach Deutschland gekommen, er hat in Lennep gearbeitet. Die restliche Familie ist drei Jahre später nachgekommen", erzählt Rosa Sorrentino. Ihre drei Geschwister und die Eltern gingen 20 Jahre, nachdem der Vater die Heimat verlassen hatte, wieder nach Italien zurück. "1983 ging er in Rente, und sie wollten den Lebensabend auf Sizilien verbringen", sagt die 66-Jährige. Sie selbst blieb im Bergischen - der Liebe wegen, wie sie lächelnd erzählt: "Ich habe meinen Mann hier kennengelernt, wir haben geheiratet und zwei Kinder bekommen und sind dann immer in Hückeswagen geblieben."

Ihren Beruf hatte sie da schon seit einigen Jahren ausgeübt. Denn Rosa Sorrentino ging sehr früh in die Lehre. "Damals lebten wir noch auf Sizilien", erinnert sie sich. "Die allgemeine Schulzeit war zu der Zeit sehr kurz, nur fünf Jahre Grundschule. Ich habe also mit elf Jahren angefangen, das Schneiderhandwerk zu lernen." Acht Lehrlinge habe der damalige Chef gehabt, die Ausbildung vier Jahre gedauert. "Nur um das Nähen zu lernen. Den Schneiderkursus von sechs Monaten Dauer habe ich dann später gemacht", sagt Rosa Sorrentino und deutet auf das Diplom aus Italien, das aus dem Jahr 1974 ist und über ihrer Nähmaschine in dem ehemaligen Frisörsalon hängt. Da war sie 24 Jahre alt und lebte schon acht Jahre in Deutschland: "Für den Kursus bin ich zurück nach Italien."

Zunächst arbeitet Rosa Sorrentino in einer Fabrik in der Stadt: "Das ging auch gut, solange mein Sohn im Kindergarten war. Aber als er dann in die Schule kam, wurde das schwierig", erzählt die 66-Jährige. So machte sie sich 1982 mit ihrer Änderungsschneiderei selbstständig, zunächst an der Waidmarktstraße. "Damals gab es noch eine zweite Änderungsschneiderei an der Marktstraße. Aber schon seit längerer Zeit bin ich alleine - und habe entsprechend viel zu tun", sagt sie und deutet auf die vollen Regale und Kleiderständer. Gerne würde sie kürzertreten, aber dann würde sie die Aufträge nicht mehr bearbeitet bekommen.

In das kleine Geschäft an der Islandstraße zog sie 1999. Das hat durch die direkte Nachbarschaft zum Modehaus Sessinghaus einen großen Standortvorteil: "Neue Kleidung passt ja nicht immer direkt. Wenn jemand bei Sessinghaus etwas kauft, das geändert werden muss, dann stecken sie das direkt drüben ab. Die Ware wird dann zu mir zum Ändern gebracht, und die Kunden können sie bei mir abholen."

Einen Klassiker bei den Änderungswünschen gebe es nicht, sagt die Schneiderin. Auch wenn sie viel Ware bekommt, die zu lang ist und gekürzt werden muss. "Ansonsten bessere ich auch viel aus, Reißverschlüsse gehen etwa gerne kaputt." Und sie kümmert sich um Kleidung fast aller Materialien: "Nur Leder mag ich nicht, da streikt meine Nähmaschine manchmal. Außerdem ist es ein sehr sensibler Stoff."

Das Spiel mit Nadel und Faden hat der Sizilianerin schon immer gelegen. "Schon mit zwei oder drei Jahren habe ich damit spielen wollen", erinnert sie sich. So war es kein Problem für sie, in sehr jungen Jahren in die Schneiderlehre zu gehen: "Das war damals halt so - aber ich würde es heute genau so wieder machen. Ich mache meine Arbeit sehr gerne", versichert Rosa Sorrentino und wendet sich einem Kunden zu, der mit einem Kleidungsstück in der Hand hilfesuchend zu ihr kommt.

(wow)
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