Hückeswagen Prozesse um Zinswetten gestern vor mehreren Gerichten

Während gestern vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Köln der Prozess der Stadt Hückeswagen gegen die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) als Bad-Bank der ehemaligen WestLB mit dem Urteil in die nächste Phase ging, befassten sich auch andernorts die Richter mit den Zinswetten, die in früheren Jahren zwischen Kommunen und der Westdeutschen Landesbank abgeschlossen worden waren. Vor dem 31. Zivilsenat des OLG Hamm waren für gestern Verhandlungen in Sachen Bergkamen, Kamen und Kreis Unna gegen die EAA als so genannte Bad Bank der WestLB anberaumt.

Bundesweit zieht der Skandal um die Swaps seit Jahren noch sehr viel größere Kreise. Bereits im April 2011 hatte eine öffentliche Anhörung zu "Zins-Swap-Geschäften deutscher Banken mit Gemeinden und mittelständischen Unternehmen" vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags stattgefunden. Dr. Jochen Weck von der Kanzlei Rössner Rechtsanwälte in München, die die Stadt Hückeswagen und auch zahlreiche andere Kommunen im Prozess vertritt, blickt darauf zurück: "Nachdem die Vertreter der geladenen Banken damals die Problematik weiter zu verschleiern versuchten und insbesondere die Frage nach der Anzahl der betroffenen Kommunen unklar blieb, wurde dem Vertreter des Zentralen Kreditausschusses auferlegt, Zahlenmaterial über betroffene Kommunen zusammenzustellen."

Das tat der Zentrale Kreditausschuss. Demnach hatten bundesweit 1556 Kommunen und 1104 kommunale Versorgungsunternehmen so genannte Rahmenverträge über derivative Finanzgeschäfte mit Banken abgeschlossen. Das Gesamtvolumen der im Jahr 2010 laufenden Derivate betrug dabei 63,7 Milliarden Euro.

Diese Zahl an sich ist nach Einschätzung von Weck allerdings "wenig aussagekräftig", weil für jedes derivative Finanzgeschäft, also auch für sinnvolle Produkte auf diesem Markt, der Abschluss des Rahmenvertrags erforderlich sei. Weck: "Es ist also nicht ansatzweise erkennbar, wie viele Kommunen und kommunale Versorgungsunternehmen ,toxische' Derivate abgeschlossen haben." Der erfahrene Anwalt sieht inzwischen aber "eine Schätzung des Schadensvolumens im Milliardenbereich" als realistisch an. Allein im Hückeswagener Fall ging es um einen Drohverlust bei Prozessbeginn von rund 21,5 Millionen Euro.

Weitere betroffene Kommunen im Oberbergischen Kreis, die mit der EAA im Rechtsstreit liegen, sind Radevormwald und Nümbrecht. Auch Bergneustadt gehört zu den oberbergischen Kommunen im Kampf gegen die EAA.

(bn)
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