Hückeswagen Bremstest für die rollenden Jecken

Hückeswagen · Acht Wagen werden beim traditionellen "Rä-Te-Ma-Teng" am Rosenmontag durch die Stadt rollen. Ein Sachverständiger vom TÜV nahm die Wagen genau unter die Lupe - zur Sicherheit der Karnevalisten und Zuschauer.

Antonio Cortés Fernandez(l.) vom TÜV begutachtet zusammen mit Heinz Pohl von der Kolpingsfamilie die Auflaufbremse eines Zugwagens.

Antonio Cortés Fernandez(l.) vom TÜV begutachtet zusammen mit Heinz Pohl von der Kolpingsfamilie die Auflaufbremse eines Zugwagens.

Foto: H. Karsten

Bei der jährlichen TÜV-Abnahme der Karnevalswagen für den Rosenmontagszug wird erst einmal gerechnet: 740 Kilogramm Leergewicht zuzüglich einer halben Tonne für den Aufbau, 40 Kilogramm Wurfmaterial sowie das Gewicht der mitfahrenden Kinder und Erwachsenen werden addiert. Die Gesamtsumme darf das Gewicht der Zugmaschine nicht überschreiten. "Für einen Erwachsenen rechnen wir 75 Kilogramm", sagt TÜV-Mitarbeiter Antonio Cortés Fernandez. Über diese Zahl freut sich Heinz Pohl von der Kolpingsfamilie. "Vielen Dank für die 75 Kilo. Die Toleranz steckt in meiner Latzhose", sagt er lachend.

Gemeinsam mit Michael Krause hat sich Pohl Zeit genommen, um die Wagen der Kolpingsfamilie, die beim Rosenmontagszug mitfahren werden, dem TÜV vorzustellen. Mit der Zugmaschine holt er die Wagen aus der Scheune der Familie Hebbinghaus in Altenholte. "Diesmal muss eine Bremsprobe gemacht werden. Das war bisher nicht notwendig", sagt Pohl. Vor den Augen des TÜV-Prüfers gibt er Gas und steigt gleich darauf kräftig in die Eisen. Ganz genau beobachtet der Prüfer dabei die Auflaufbremse zwischen Anhänger und Traktor. "Die muss unbedingt nachgestellt werden", lautet das Urteil des TÜV-Bezirksstellenleiters aus Wipperfürth.

Für die Sicherheit im Karneval nehmen die Jecken in ihrer Freizeit viel Arbeit auf sich. Auf jede Gesetzesänderung muss reagiert werden. Zu beachten ist die Brüstungshöhe, der Abstand der Verkleidung zum Boden, rutschfeste Bodenbeläge in den Wagen, Haltegurte und vieles mehr. "Für die Haltegriffe, die im vergangenen Jahr gefordert wurden, ist ein ganzer Spanngurt draufgegangen", berichtet Pohl.

Acht Wagen werden am Umzug teilnehmen, fünf davon mit Jecken. Der TÜV-Mitarbeiter erstellt von jedem Wagen ein Gutachten, das zusammen mit der TÜV-Bescheinigung und dem Versicherungsschein in Gummersbach vorgelegt werden muss. "Das ist die genehmigende Behörde, die den Schlussstempel macht", erläutert Pohl. Vorher dürfen die Umzugswagen nicht auf die Strecke. Für den relativ kleinen Umzug in der Schloss-Stadt gelten dabei dieselben Sicherheitsregeln, wie bei den großen Umzügen in Köln.

Antonio Cortés Fernandez hat die Zusatzausbildung für die Prüfung der Karnevalswagen absolviert und im Januar zwei Tage lang einen erfahrenden Kollegen in Köln bei dessen Arbeit begleitet. "Die prüfen da 250 Wagen pro Jahr", sagt er und fügt hinzu: "Es ist schon Wahnsinn, wie viel Arbeit die Karnevalisten auf sich nehmen."

Ein "Auge zugedrückt" wird dennoch nicht. Eineinhalb Stunden dauerte die Begutachtung der beiden Kolpingwagen - etwa genauso lang, wie der gesamte "Rä-Te-Ma-Teng" am kommenden Rosenmontag in der Stadt unterwegs sein wird. "Ich bin sowieso sehr genau, und wir wollen ja, dass unsere Kinder sicher sind", sagt Cortes Fernandez, der zum ersten Mal die Hückeswagener Karnevalswagen in Augenschein nimmt. Bisher hatte Jürgen Brandt diesen Job inne. Der TÜV-Prüfer im Ruhestand ist dennoch gekommen, um die Prozedur zu verfolgen.

Unfälle wie in Wermelskirchen, wo 2015 der Karnevalsprinz über die Brüstung des Wagens gestürzt war, würden die Sicherheitsmaßnahmen immer weiter verschärfen, ist sich Brandt sicher. "Die anderen müssen jetzt wieder darunter leiden", sagt er. Dabei betreiben die Karnevalisten es als reines Hobby, bei dem jeder Euro zählt. "Hückeswagen kann zum Glück auf eine Bilanz zurückgreifen, wo noch nichts Größeres passiert ist", fügt Brandt hinzu.

Bis auf den letzten Feinschliff sind die Wagen der Kolpingsfamilie einsatzbereit für den "Rä-Te-Ma-Teng": der Prinzenwagen in seiner bekannten Form als hölzerne Pferdekutsche, und der Wagen der Kolpingjugend; sein Motto bleibt bis zum Umzug geheim. Lediglich die Jahreszahl auf der Rückseite des Prinzenwagens muss noch erneuert werden. "Es war eine schöne Tradition, als das Franz Mostert am Karnevalssamstag übernommen hatte", berichtet Heinz Pohl mit Wehmut. Nach dem unerwarteten Tod Mosterts endet jedoch diese liebgewonnene Gewohnheit.

(heka)
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