Hückeswagen Richter drückt Angeklagtem Besen in die Hand

Hückeswagen · Adrett gekleidet erschien ein 17-jähriger Hückeswagener, begleitet von seiner Mutter, als Angeklagter vor dem Amtsgericht in Wipperfürth.

Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte: Ein schlichter "Blaumann" wäre an diesem sonnigen Morgen zweckmäßiger gewesen. Denn der Strafrichter machte im wahren Sinne des Wortes kurzen Prozess mit dem jungen Mann und schickte ihn, ausgestattet mit Besen, Eimer und Gartengerät, aus dem Sitzungssaal raus aufs große Außengelände des Gerichts. Der Auftrag für die nächsten Stunden: Hof kehren und Unkraut jäten!

Die eher unkonventionelle Sanktion für den jungen Angeklagten erklärt sich aus der Vorgeschichte. In einem früheren Verfahren vor dem Jugendrichter war der Hückeswagener zur Ableistung von rund 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden. Das ist eine durchaus übliche Strafe, wenn jugendliche Täter für das, was sie "verbrockt" haben, zur Rechenschaft gezogen werden. Und sie macht auch Sinn, weil Geldstrafen eher die Eltern als die Jugendlichen ohne eigenes Einkommen treffen und Freiheitsstrafen bei kleineren Delikten unverhältnismäßig wären. Der Hückeswagener hatte nun aber die ihm schon 2014 auferlegten Arbeitsstunden wiederholt mit fadenscheinigen Begründungen nicht abgeleistet und musste dazu immer wieder aufgefordert werden.

Jetzt ging's zwar im Prozess nur noch um drei immer noch nicht geleistete Stunden - aber auch darum, dem Jugendlichen klar vor Augen zu führen, dass das Gericht nicht mit sich spaßen lässt und einmal auferlegte Strafen auch tatsächlich abzuarbeiten sind. Im Zweifelsfall sofort an Ort und Stelle. Der Hückeswagener dürfte es kapiert haben: Gut zwei Stunden nach Beginn seines spontanen Arbeitseinsatzes meldete er sich zurück im Gerichtssaal: "Alles erledigt!" Der Lohn der Mühe folgte auf dem Fuß mit dem Schlusssatz des Richters: "Gut. Dann ist jetzt auch das Strafverfahren für Dich hiermit erledigt. Du darfst nach Hause gehen!" Das tat der 17-Jährige sichtlich erleichtert.

Wie sagt die Jugendrichterin am Berliner Amtsgericht im Film "Das Ende der Geduld" so schön über eine sinnvolle Bestrafung junger Täter? "Die Kids müssen schnellstmöglich die Konsequenzen spüren!" Jenseits von Berlin ist das als Grundsatz des dort entwickelten "Neuköllner Modells" inzwischen offenbar auch im Bergischen angekommen.

(bn)
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