Hückeswagen Rückkehr an den Ort des Horror-Sturzes

Hückeswagen · Udo Kolpe war der Bauleiter, der die Arbeiten am Neubau Etapler Platz koordinierte. Bis zum 14. Dezember 2015. An diesem Tag stürzte er in den Aufzugsschacht. Jetzt besuchte er zusammen mit seiner Frau "seine" ehemalige Baustelle.

 Udo Kolpe kehrte für ein Gespräch mit der Bergischen Morgenpost an den Ort zurück, wo er im Dezember 2015 in einen Schacht gestürzt war.

Udo Kolpe kehrte für ein Gespräch mit der Bergischen Morgenpost an den Ort zurück, wo er im Dezember 2015 in einen Schacht gestürzt war.

Foto: Büllesbach

Die Augenbrauen und vor allem der Schnauzbart sind noch genauso voluminös wie vor elf Monaten. Doch Udo Kolpe ist deutlich schmaler - "auch wenn ich schon wieder 15 Kilo drauf habe", erzählt der 61-jährige Wiehler. Insgesamt 30 Kilogramm hatte der Bauleiter des Wiehler Ingenieurbüros Donner und Marenbach nach dem sieben Meter tiefen Fall in den Aufzugsschacht, dem anschließenden achtwöchigem Koma und der mehrmonatigen umfangreichen Reha verloren. Dass er wieder zugenommen hat, ist ein deutliches Zeichen seiner Genesung.

Auch, dass er seit dem 10. Oktober wieder täglich arbeitet. Zwar nur nach dem "Hamburger Modell" und anfangs zwei und mittlerweile drei Stunden an Tag. Aber Kolpe will in Kürze wieder Vollzeit arbeiten - und wenn's geht auch wieder in Hückeswagen. Denn die Neugestaltung des Etapler Platzes voraussichtlich ab Ende April würde er gerne als Bauleiter beaufsichtigen.

Kolpe ist in Begleitung seiner Frau Birgit, als er zum ersten Mal seit dem verhängnisvollen 14. Dezember 2015 wieder den Etapler Platz betritt. Noch stützt er sich sicherheitshalber auf eine Krücke, doch er könnte auch schon ohne sie gehen. "Es war schon ein komisches Gefühl, als ich gerade in der Tiefgarage die Deckenöffnung gesehen habe, wo ich runtergerauscht bin", erzählt der 61-Jährige.

Gegen 13.15 Uhr war das Unglück an dem Tag vor rund elf Monaten geschehen. An dem Kranschacht, in dem inzwischen längst der Aufzug installiert ist, hatte jemand die Stützpfosten entfernt, ohne die Gefahrenstelle ausreichend zu sichern. Als Kolpe an den Rand herantrat, brach die Decke unter ihm ein. Siebeneinhalb Meter stürzte er in die Tiefe. An den Sturz selber hat er keine Erinnerungen. Nur noch daran, dass er jemandem "frohe Festtage" gewünscht hatte.

14 Rippen hatte er sich bei dem Sturz gebrochen, eine hatte die Lunge durchbohrt. Dazu kam ein Schädel-Hirn-Trauma. Es ging um Leben und Tod. Und dann kam auch noch eine Lungenembolie hinzu. Als Kolpe nach acht Wochen aus dem Koma erwacht, ist das Erste, was er sieht, Frauen "mit komischen Papierblumen im Haar" - die Krankenschwestern in der Klinik Köln-Merheim feiern Karneval. Es schließen sich Monate mit täglicher Rehabilitation an. Irgendwann kann der Rollstuhl gegen einen Rollator und der dann gegen Krücken eingetauscht werden. Täglich schuftet der Bauingenieur sechs bis acht Stunden in der Nümbrechter Rein-Sieg-Klinik.

Sein "Arbeitstag" hat mittlerweile wieder acht Stunden. Drei davon arbeitet er zunächst in dem Ingenieurbüro, anschließend geht es für fünf Stunden wieder in die Reha. Kolpe ist froh darüber: "Durch das Schädel-Hirn-Trauma hatte ich kein Gefühl in der Hand. Jetzt könnte ich damit wieder Geld zählen", versichert er lachend und mit einem Kopfnicken zur Filiale der Volksbank Remscheid-Solingen, die Anfang Juli in dem Neubau, dessen Fertigstellung er nicht mitbekommen hatte, neu eröffnet wurde.

Als er nach fast zehn Monaten an seinen Arbeitsplatz zurückkehrte, war der fast unverändert. "Irgendjemand hatte nur ein paar Akten weggeräumt", erzählt Kolpe. Seine Kollegin hatte ihm ein Angebot für den Ausbau von fünf Straßenabschnitten gegeben, das er prüfen sollte. Mittags war er bereits fertig damit.

Peu à peu geht's für den Wiehler aufwärts, der durch seine Arbeit am Bau der Alten Ladestraße und des Neubaus am Etapler Platz vielen Hückeswagenern bekannt ist. "Bis ich aber wieder auf eine Baustelle kann, wird's wohl noch ein Vierteljahr dauern", schränkt er ein. Schließlich seien der rechte Hüft- und der linke Schultermuskel noch nicht wieder ganz in Ordnung. Aber der Sturz aus sieben Metern Höhe auf blanken Beton hätte auch ganz anders ausgehen können.

Eines seiner Ziele ist es, im Frühjahr beruflich wieder täglich nach Hückeswagen kommen zu können. Der inzwischen fertiggestellte Neubau findet sein Gefallen. Dass aber der Rewe-Umbau immer noch nicht beendet ist und sich sogar bis voraussichtlich März verzögert, "das ist dann doch enttäuschend".

(RP)
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