Hückeswagen Schwarzfahrerin gelobt Besserung - kein Gefängnis

Hückeswagen · Wie bestraft man eine notorische Schwarzfahrerin, die selbst nach mehreren Bewährungsstrafen und auch während der Bewährungszeit ohne Ticket Zug fährt? Diese Frage stellten sich Richterin und Staatsanwältin am Amtsgericht Wipperfürth. Die 44-jährige Hückeswagenerin, die Dauergast auf der Anklagebank ist, war nur zwei Wochen nach der letzten Verurteilung auf Bewährung erneut ohne Fahrschein im Zug Richtung Düsseldorf erwischt worden.

Durch den Verstoß gegen die Bewährung drohte der Angeklagten nun eine Freiheitsstrafe; erst im Sommer hatte die Arbeitslose einige Wochen im Kölner Gefängnis verbracht. Die Aussicht auf eine erneute Haftstrafe ließ sie in Tränen ausbrechen. "Der Knast hat mir nichts gebracht. Ich würde lieber gemeinnützige Arbeit leisten und meine Schulden in Raten abbezahlen", sagte sie flehend und zitternd an die Richterin gewandt. "Meine Seele geht darin kaputt, ich bin nur noch verzweifelter", fügte sie hinzu.

Der Bewährungshelfer bescheinigte der Angeklagten eine gewisse Unzuverlässigkeit, dieses Verhalten sei jedoch auf ihre Kokain-Sucht zurückzuführen. Ähnliches berichtete eine Mitarbeiterin des Diakonischen Werks, das ambulant betreutes Wohnen anbietet. "Anfangs war sie sehr motiviert, zuletzt hat sie immer häufiger Termine abgesagt", sagte die Betreuerin.

Schuld an ihrer Lebenssituation gab die Hückeswagenerin den Männern. "Ich wurde von Männern immer ausgenutzt. Aber jetzt habe ich keinen Freund mehr, der mich ausnutzen kann", gab sie an. Sie berichtete von einem Drogenschmuggel in Ecuador, für den sie dann fünf Jahre im Gefängnis saß. Danach verdiente sie sich Geld mit ihrem Körper. Durch ihren Zuhälter sei sie schließlich mit Kokain in Berührung gekommen.

Wichtige Zeugen in der Verhandlung waren die Mitarbeiter einer sozial-christlichen Einrichtung in Hückeswagen, die sich der Angeklagten vor etwa einem Jahr angenommen haben. "Wir versuchen, Menschen zu helfen, die am Rande der Gesellschaft stehen", sagte ein Ehrenamtler und bestätigte der Angeklagten eine positive Entwicklung. "Sie ist sehr aufgeschlossen gegenüber christlichen Werten. Der Kontakt tut ihr gut. Wir möchten sie gerne unter unsere Fittiche nehmen."

Dieser Aussage vertraute das Gericht und verurteilte die 44-Jährige zu drei Monaten Haft, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Hückeswagenerin muss zudem 100 Sozialstunden leisten und innerhalb eines halben Jahres eine stationäre Suchttherapie beginnen und abschließen. "Der Bewährungsbeschluss soll absichern, dass Sie die Ihnen angebotene Hilfe auch annehmen", sagte die Richterin. Dankbar, nicht wieder ins Gefängnis zu müssen, verließ die Frau den Gerichtssaal.

(heka)
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