Gottes Bodenpersonal Luther als Zeitreisender auf der Bühne des Forums

Hückeswagen · HÜCKESWAGEN Ein ungewöhnliches Konzept war am Montagabend im Forum der Montanusschule zu sehen: "Theater zum Einsteigen - TZE-Theater" heißt der Ableger des Theatervereins "Die Aussteiger", der in der Landeskirchlichen Gemeinschaft im fränkischen Ecken-tal-Eschenau bei Nürnberg angesiedelt ist. Ein Konzept, das etwa 200 Besucher neugierig machte, die das Stück "Reformator - Die Rückkehr" von Projektleiter und Schauspieler Ewald Landgraf sehen wollten. Die Besonderheit des in erster Linie lustigen und zudem zum Nachdenken anregenden Theaterstücks ist, dass die meisten Schauspieler aus den Gemeinden kommen, in denen das Stück aufgeführt wird. Und so kamen am Montagabend mit Martin Kurz als Quantenphysiker und Nobelpreisträger Memmen, Nora Künitz als Journalistin Kathrin und Anja Kölsch als Detektivin Achilles drei der neun Schauspieler aus der Schloss-Stadt - und überzeugten mit ihren Leistungen.

 Sorgten für einen Theaterabend, der nicht so schnell in Vergessenheit gerät (v.l.): Ewald Landgraf, Jonas Blum, Martin Kurtz (Hückeswagen) und Desirée Solenski.

Sorgten für einen Theaterabend, der nicht so schnell in Vergessenheit gerät (v.l.): Ewald Landgraf, Jonas Blum, Martin Kurtz (Hückeswagen) und Desirée Solenski.

Foto: Büllesbach

HÜCKESWAGEN Ein ungewöhnliches Konzept war am Montagabend im Forum der Montanusschule zu sehen: "Theater zum Einsteigen - TZE-Theater" heißt der Ableger des Theatervereins "Die Aussteiger", der in der Landeskirchlichen Gemeinschaft im fränkischen Ecken-tal-Eschenau bei Nürnberg angesiedelt ist. Ein Konzept, das etwa 200 Besucher neugierig machte, die das Stück "Reformator - Die Rückkehr" von Projektleiter und Schauspieler Ewald Landgraf sehen wollten. Die Besonderheit des in erster Linie lustigen und zudem zum Nachdenken anregenden Theaterstücks ist, dass die meisten Schauspieler aus den Gemeinden kommen, in denen das Stück aufgeführt wird. Und so kamen am Montagabend mit Martin Kurz als Quantenphysiker und Nobelpreisträger Memmen, Nora Künitz als Journalistin Kathrin und Anja Kölsch als Detektivin Achilles drei der neun Schauspieler aus der Schloss-Stadt - und überzeugten mit ihren Leistungen.

Die Geschichte passt zum Reformations-Jubiläum, das die evangelische Kirche in diesem Jahr feiert. Das Stück stellt die Frage, was Martin Luther - der titelgebende Reformator und dargestellt von Landgraf - tun würde, wenn er durch die Zeit ins Hier und Heute reisen könnte. Das ist durch die Forschung von Memmen und seiner Kollegin Dutchman möglich geworden. Und sorgt, wie das bei Zeitreisen spätestens seit der Trilogie "Zurück in die Zukunft" guter Ton ist, für allerlei Verwirrung und Konfusion unter allen Beteiligten. Los ging's mit Luther in der Bibliothek. Er will über sich lesen - genau wie die Journalistin Kathrin, die für einen umfangreichen Beitrag zum Reformationsjubiläum recherchiert und sich zunächst von Luthers Anwesenheit belästigt fühlt. Sie hilft ihm dann aber trotzdem, wenngleich aus niederen, boulevardesken Motiven. Luther will einiges klarstellen - am liebsten gegenüber dem Landesbischof und anderen hohen Kirchenvertretern. Kathrin hingegen wittert eine Story, sieht in Luther, der von Landgraf sehr überzeugend gespielt wurde, nur den Betrüger, den sie enttarnen und bloßstellen will. Aber sie zweifelt schon bald an ihrer eigenen Sichtweise.

Und daraus gewann "Reformator" einen Teil seiner Komik: "Warum bist du nicht als Elvis zurückgekommen?", fragte Kathrin einmal. "Weil ich nicht so gut singen kann", sagte Luther daraufhin trocken.

Der Medienmensch Friedemann Dornkahl (Hagen Franke) sagte an einer anderen Stelle: "Jesus wurde nach seiner Auferstehung auch nicht direkt erkannt." Luther antwortete: "Nun, diesem Vergleich möchte ich mich nicht aussetzen." Auch als von etwa "10.000 evangelischen Splittergruppen" die Rede ist, möchte man Landgraf ob der gezeigten Selbstironie auf die Schulter klopfen. Ganz zu schweigen davon, dass er Luthers Fehler - Antisemitismus, die Gleichsetzung von Behinderungen mit Besessenheit - nicht unter den Tisch kehrt, sondern klar benennt.

Ewald Landgraf zeichnete den "Reformator" als streitbaren Christen, der nichts mehr will, als "dass die Menschen Christus wieder an die Hand nehmen". Dabei waren die schauspielerischen Leistungen durchweg sehr gut - was umso eindrucksvoller war, als dass die Probezeiten sehr kurz, aber offensichtlich auch sehr intensiv gewesen waren. Positiv hinzu kam ein sehr dezentes, man möchte beinahe sagen: protestantisches Bühnenbild, das lediglich mit dem einen oder anderen Stuhl oder Tisch auskam.

Unterstützt durch eine clever eingesetzte und sehr effektive Beleuchtung an diesem Abend, entstand im Forum der Montanusschule so ein sehr dichtes Theatererlebnis, das zu Recht mit lautem Applaus gewürdigt wurde.

WOLFGANG WEITZDÖRFER

(RP)
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