Interview: Serie Erster Weltkrieg in Hückeswagen (2) "Um mich herum nur Tod und Todeskampf"

Hückeswagen · Der Erste Weltkrieg, der vor 100 Jahren ausbrach, hatte auch Auswirkung auf das Leben in der Schloss-Stadt.

 Fritz und Otto Richelshagen fielen im Alter von 24 bzw. 22 Jahren an der französischen Front.

Fritz und Otto Richelshagen fielen im Alter von 24 bzw. 22 Jahren an der französischen Front.

Foto: Archiv Mostert

In der Champagne, bei Ypern und Arras, an der Marne, der Somme, an den Dardanellen, im Kurland, im Elsass und hoch in den Tiroler Alpen - überall kämpften Soldaten aller Waffengattungen. Hauptsächlich an der Westfront in Flandern und Frankreich, aber auch an den östlichen Kriegsschauplätzen eingesetzt, kämpften insgesamt 1196 Hückeswagener. In der Schlacht an der Somme (Juni bis September 1916) war der Kanonier Heinrich Kloeber vom Kamp dabei.

Er war ein begnadeter Erzähler. Von seinen furchtbaren Erlebnissen in den Schützengräben sprach er jedoch kaum. Nur so viel ist überliefert: "Um mich herum nur Tod und Todeskampf. Für inständiges Gebet blieb wenig Zeit. Ringsum aber hörte man ,Mama, Mama'." Beim Gemetzel von Verdun und dem ständigen Hin und Her um Fort Douaumont (Februar bis September 1916) war der den älteren Hückeswagenern noch bekannte Gastwirt, Numismatiker und Botaniker Willi Breidenbach mitten dabei.

Er wurde im Unterstand verschüttet und litt bis zu seinem Lebensende im hohen Alter von 89 Jahren unter den Kriegsfolgen. Der langjährige Bürgermeister der beiden selbstständigen Verwaltungs-Einheiten Hückeswagen und Neuhückeswagen, Richard Leyhausen, hatte sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet. Mehrere Schwerverwundete hatte er mitten im Kugelhagel aus der Schusslinie gerettet. "Für bewiesene Tapferkeit" war er mit dem "Eisernen Kreuz" ausgezeichnet worden.

Auf der letzten Seite der Bergischen Landeszeitung, einer Vorgängerzeitung der BM, häuften sich die Todesanzeigen gefallener, größtenteils junger Männer. Vom anfänglichen Enthusiasmus war nichts mehr übrig geblieben. Da halfen auch nicht die Durchhalteparolen des Krieger- und Landwehrvereins. Die "Hurra"-Rufe am Kriegerdenkmal und das Sieges-Glockengeläut verstummten nach und nach. Das Vereinsleben in Hückeswagen kam zum Stillstand.

Während der katholische Kirchenchor "Cäcilia" trotz des "Todes vor dem Feind" von acht Mitgliedern noch durchhielt, musste der evangelische Kirchenchor seine Mitwirkung beim Gottesdienst einschränken. 1914 hatten bei beiden Chören und in den örtlichen Turnvereinen noch groß angelegte Sammlungen von Liebespaketen "für die im gewaltigen Völkerstreit kämpfenden, tapferen Heldensöhne" die Stimmung gehoben.

Die Paketaktion fiel spätestens Ende 1916 aus. Die Hückeswagener litten unter strengster Rationalisierung aller Lebensmittel. Es gab sogar eine Verordnung "von ganz oben", die das Kuchenbacken verbot. Im ganzen Reich waren 60 000 Glocken aus den Türmen abgehängt worden zum "Umschmelzen für wichtige Munition". Dieser "Wichtigkeit" fiel auch Dreiviertel des Paulus-Geläuts zum Opfer. Die katholischen Glocken an der Weierbach durften einstweilen bis zur "späteren Verwendung" hängenbleiben.

(wird fortgesetzt)

(rt)
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