Rückblende Hückeswagen Vor 70 Jahren Wilhelm-Millowitsch-Ensemble tritt im "Hofgarten" auf

Hückeswagen · Dank der beiden Geschichtsvereine BGV und BZG ist das 20. Jahrhundert in Hückeswagen recht gut dokumentiert und erforscht. Doch es gibt immer wieder Dokumente, die Historiker oder Einheimische in Erstaunen versetzen und die noch nicht genauer untersucht wurden. So existiert ein Programmheft eines Theaterauftritts vom 30. Oktober 1947, wonach das "Wilhelm-Millowitsch-Ensemble" die Komödie "Im Nachtjackenviertel" im "Hofgarten" an der Kölner Straße aufführte. Es war eine Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten der Körperbehinderten, Sozialrentner und Hinterbliebenen, eine Formulierung, die an den VdK erinnert, der allerdings nicht genannt wird.

Schon der Titel "Nachtjackenviertel" klingt fremd und steht nicht zufällig auf einer Liste vom Aussterben bedrohter Wörter. Früher bezeichnete man mit dem Begriff ein unattraktives Wohnviertel mit Hinterhöfen. Die Handlung spielt 1926. Eine Erbschaft sorgt in einem armen Wohnviertel für Unruhe und Rivalitäten. Der Erbe kann dieses zudem nur dann antreten, wenn er ein Jahr lang dem Alkohol und der Faulenzerei entsagt. Stoff genug für eine turbulente Komödie, denn das Umfeld des Erbes hat das Ziel, dass der Hauptprotagonist an der Aufgabe scheitert. Da es von dem Stück mehrere Bearbeitungen gibt, die zeitlich einen großen Abstand voneinander haben, kann es sich nur um die Version der Autoren Hans Lorenz und Wilhelm Wroost von 1933 handeln. Ursprünglich stammt das Stück von 1909 aus der Feder von Theodor Francke. Die Besetzungsliste lässt zunächst aufhorchen, immerhin spielten drei Familienmitglieder mit. Stand etwa Willy Millowitsch persönlich im "Hofgarten" auf der Bühne? Erst eine genaue Recherche, unter anderem in der Millowitsch-Biografie von Dorothea Renckhoff von 1996, gibt einige Antworten. Da Willys Vater Peter Wilhelm bereits 1945 gestorben war, kann es sich 1947 nur um den weniger bekannten Onkel Wilhelm handeln. Auch dessen Schwester Hilde Fuchs-Millowitsch spielte mit, ebenso Mia Millowitsch. Alle weiteren Schauspieler des Stückes erlangten - vielleicht mit Ausnahme von Ully Engel - weniger große Bekanntheit. Trotz der mutmaßlichen Abwesenheit des Theaterchefs Willy Millowitsch ist der Auftritt bemerkenswert.

Der "Hofgarten" wurde spätestens nach Gründung der Kulturgemeinde 1951 durch den weltbekannten Tänzer Joachim von Seewitz ein "kulturelles Epizentrum" der Region. NORBERT BANGERT

(nob)
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