Hünxe Eine virtuose Annäherung an Bach

Hünxe · Klavierfestival Ruhr: Martin Stadtfeld gab ein brillantes Konzert in der Alten Rentei von Schloss Gartrop.

So nah dran am Geschehen sitzt man als Zuschauer selten. Auf einem kleinen Podest, im Halbkreis umringt vom Publikum, spielte Martin Stadtfeld ein brillantes Klavierkonzert in der Alten Rentei von Schloss Gartrop. Die Zuschauer in den vorderen Reihen des linken Parketts konnten dem Pianisten bei der Arbeit auf die Finger schauen.

Stadtfeld trat bereits zum fünften Mal im Rahmen des Klavier-Festivals Ruhr auf. 2006 gab der heute 34-Jährige aus Koblenz sein Debüt in der Veranstaltungsreihe. Seiner besonderen Vorliebe für Johann Sebastian Bach war auch das diesjährige Programm zuzurechnen, wobei Stadtfeld es meisterlich verstand, neue Akzente zu setzen.

Die erste Hälfte des Konzertes war den sogenannten Englischen Suiten Nr. 2 und Nr. 3 von Bach gewidmet. Insgesamt schuf der Komponist sechs dieser Werke nach dem Vorbild der biblischen Schöpfungstage. Die Bezeichnung Englische Suiten stammt nicht von Bach selbst und irritiert, da der einzige Bezug zu England darin besteht, dass der in London lebende Franzose Charles Dieupart Bach zu diesem Zyklus inspirierte. Die Suiten sind nach Sätzen gleich aufgebaut. Auf ein Prélude folgen jeweils vier Tanzsätze Allemande, Courante, Sarabande und Gigue sowie zwei weitere Tänze in gleicher Art.

Das Spiel von Stadtfeld war hochkonzentriert und von großer Emotionalität. Viele Zuhörer lauschten dem Klang des Klaviers mit geschlossenen Augen und ließen die Musik ganz auf sich wirken. Wer den Blick auf die Hände des Pianisten frei hatte, konnte die Leichtigkeit bewundern, mit der die flinken Finger bei den schnellen und temperamentvollen Sätzen über die Tasten huschten. Mit der stürmischen Gigue der Suite Nr. 3 setzte Stadtfeld einen Schlusspunkt vor der Pause und wurde vom Publikum mit langanhaltendem Applaus bedacht. Im zweiten Teil wagte der Pianist ein musikalisches Experiment, indem er Präludien aus Bachs "Wohltemperiertem Klavier" den Etüden op. 10 von Frédéric Chopin abwechselnd gegenüberstellte.

Die sieben Präludien und zwölf Etüden waren von Stadtfeld nach tonalen Entsprechungen zusammengestellt worden. Chopin galt als glühender Verehrer Bachs. Das Musikexperiment warf so ein ganz neues Licht auf sein Werk. Vom Pianisten verlangte das Spiel nicht nur technische Virtuosität, sondern auch Interpretationskunst und Ausdruck, eine Forderung, der Martin Stadtfeld mehr als gerecht wurde.

(RP)
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