Hünxe/Wesel Meisen erleiden die größten Verluste

Hünxe/Wesel · Wintervögelzählung: Mehr Teilnehmer als in den Vorjahren sichten weniger Tiere in den Gärten. Der Naturschutzbund hofft auf Erholung der witterungsbedingt geschrumpften Bestände und bittet um ganzjährige Futterhilfe.

Mit gemischten Gefühlen blickt der Naturschutzbund (Nabu) auf die nunmehr siebte Zählaktion "Stunde der Wintervögel" vom 6. bis 8. Januar zurück. Sie hat deutlich mehr Mitwirkende mobilisiert. Nach rund 90.000 Teilnehmern im Vorjahr, waren bundesweit diesmal fast 120.000 zu verzeichnen. Im Kreis Wesel machten 907 Beobachter (2016: 476) in 618 Gärten (328) mit. Das hätte auch die Zahl der gesichteten Vögel in die Höhe schnellen lassen müssen, doch stieg diese von 11.174 vergleichsweise unwesentlich auf 15.713.

Das Gute daran ist für den Nabu neben der rein zahlenmäßig gestiegenen Teilnehmerresonanz, der Beleg, dass das im Vorfeld von vielen beklagte Fehlen der Singvögel den Menschen nicht gleichgültig ist. "Es freut uns sehr, dass die Veränderung wahrgenommen wird und die Leute in großer Zahl mitmachen", sagte Peter Malzbender, Vorsitzender der Kreisgruppe Wesel, im RP-Gespräch. Er untermauerte die Hoffnung auf eine starke Zunahme in den Beständen, wenn das kommende Frühjahr trockener wird und damit das Brutergebnis besser ausfällt als das letzte.

Der Dauerregen, der 2016 unter anderem den Menschen in Hamminkeln mit Überschwemmungen zu schaffen gemacht hatte, führte auch dazu, dass viele Vogeleltern kaum noch Insekten für die wichtige Versorgung ihrer frisch geschlüpften Jungen finden konnten. Das sei allerdings nicht so schlimm, wie viele vielleicht meinen, denn die Vogelwelt könne sich auch sehr rasch wieder erholen und unter günstigen Bedingungen mit zwei bis drei Bruten die Verluste wieder wettmachen.

Die Einbrüche in den Beständen fallen je nach Art unterschiedlich aus. Die Wintervogelzählung funktioniert so, dass jeder von einem ruhigen Beobachtungsplätzchen aus von jeder Art die höchste Anzahl notieren sollte, die im Laufe einer Stunde gleichzeitig zu beobachten war. An der Spitze des nach einer ausgeklügelten wissenschaftlichen Methode inklusive Fehlerausgleich ermittelten Rankings landete der Haussperling (2016: Kohlmeise). Sein Bestand nahm um neun Prozent ab. Ebenso auf dem Treppchen mit Vorjahresvergleich: 2. Amsel, minus 19 Prozent (Haussperling); 3. Kohlmeise minus 53 (Blaumeise - weitere Platzierungen siehe Info-Box).

Nabu-Mitglieder hatten im Raum Wesel übrigens im vergangenen Jahr mehr als 50 Nistkästen kontrolliert und dabei so viele mumifizierte Jungvögel und nicht ausgebrütete Gelege gefunden wie nie zuvor. Laut Kreis-Chef Malzbender merken die Altvögel, wenn sie statt fünf bis sechs nur noch zwei Junge versorgen können. Dann geben sie das Füttern ganz auf und verlassen die Brut.

Malzbender wiederholte seine Bitte, die Vögel ganzjährig mit Futtergaben in den privaten Gärten zu unterstützen und auch hier nicht zu viele Flächen zu versiegeln. Festzustellen sei eine wahre Landflucht. Eben weil der Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen hoch sei und dort noch immer zu viel Chemie eingesetzt werde, wichen immer mehr Tiere in die Städte aus. Umso wichtiger sei es, Vögeln zum Beispiel in den Siedlungen Futterinsekten zu ermöglichen und hier weniger, am besten gar keine Gifte anzuwenden. Josef Tumbrinck, NRW-Landesvorsitzender des Nabu, hatte sich als Gastredner beim Neujahrsempfang der Weseler SPD am Sonntag ebenfalls für mehr Natur sowie weniger Beton, Kies und Carports in Gärten stark gemacht. Ebenso für Unterstützung der Landwirte, damit sie naturnäher und giftärmer wirtschaften können.

Wie Malzbender ferner Ende Dezember vermutet hatte, stellen sich Singvögel aus dem Norden jetzt mit Verspätung am Niederrhein ein. Das Futterangebot ist in ihren angestammten Regionen noch gut genug gewesen, um länger zu verweilen. Nun aber wurden im Kreis Wesel größere Schwärme von Wacholder- und Rotdrosseln gesehen.

Auch Wasservögel wie Säger stellten sich auf der Suche nach Fischen in eisfreien Gewässern ein, ferner kamen einer Naturfreundin aus Utfort Seidenschwänze vor die Linse. "Ein ornithologisches Highlight", sagte Peter Malzbender. Die Vögel seien zudem recht zutraulich, weil sie wenig Kontakt mit Menschen hätten.

(RP)
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