Hünxe Mit Bach Schatten aus Klängen zaubern

Hünxe · Der Dinslakener Bach-Chor gab in der Sankt-Albertus-Magnus-Kirche Bruckhausen ein beeindruckendes Konzert.

 Sie gaben Einblicke in das Schaffen der bedeutendsten Musikerdynastie.

Sie gaben Einblicke in das Schaffen der bedeutendsten Musikerdynastie.

Foto: Gerd Hermann

In seinem fantastischen Roman "Der elektronische Mönch" lässt Douglas Adams seinen Protagonisten alle Schönheit dieser Erde als Zahlenverhältnisse in einen Musikcomputer programmieren, die Dateien ergeben das Gesamtwerk von Johann Sebastian Bach. Aber entgegen der Fiktion war Bach keine Erfindung zum Schutz einer Sicherheitskopie der ganzen Welt, sondern ein Mensch wie du und ich. Er hatte eine Familie. Und die bestand zu einem nicht unbedeutenden Teil ebenfalls aus Musikern. Hier wurde komponiert. Generationen vor dem großen Johann Sebastian, in seiner entfernteren Verwandtschaften zu seinen Lebzeiten von 1685 bis 1750 und natürlich von seinen eigenen Söhnen. Die Bachs schufen ein riesiges musikalisches Universum, das sich räumlich von Thüringen bis London und zeitlich von den Wirren des 30-Jährigen Kriegs bis ins Biedermeier erstreckt.

Am Sonntag gaben der Dinslakener Bach-Chor unter der Leitung von Daniela Grüning und der Bottroper Kreiskantor Matthias Uphoff (Orgel) in Sankt Albertus Magnus Bruckhausen einen Einblick in das Schaffen der bedeutendsten Musikerdynastie Deutschlands. "Freut euch alle, singt mit Schalle" lautet der überlieferte Text zu einer Kantate von Johann Sebastian Bach anlässlich einer Namenstagsfeier von seinem Landesherren August III. von Sachsen. Der Titel war Programm: Die Musik der Bachs gibt nicht nur viel Grund zur Freude, dem Bach-Chor gelang es einmal mehr, mit Orgelbegleitung sowohl wie a cappella eine makellose gesangliche Leistung zu erbringen. Die zu ihrer und unserer heutigen Zeit zu Recht hochgeschätzten, populären Bachsöhne Carl Philipp Emanuel und Johann Christian fehlten im Programm. So war es für den Vater um so leichter, aus der Familien-Musik herauszuragen. Wenn aus der fließenden Orgelstimme die gesungene Choralmelodie von "Jesus bleibet meine Freude" aufsteigt, geht gleichsam die Sonne auf. Da hat Sohn Johann Christoph, Hofmusiker in Bückeburg, mit seinen sonntagstauglichen, aber nicht auffälligen Choralarrangements einen schweren Stand. Deutlich hört man dann später aus "Ich lieg und schlafe ganz in Frieden" das Aha-Erlebnis heraus, dass er bei seinem Londonbesuch durch die Musik seines Bruders Christian und des jungen Mozarts hatte. Eher "retro" ist "Unser Trübsal" von Johann Ludwig Bach, ein Vetter 3. Grades von Bach. Nur zwölf Jahre älter als der Thomaskantor komponiert er, als lebe er noch zu Zeiten von Schütz, Schein und Scheidt.

Dieser Generation gehört Johann oder Johannes Bach an. Und von ihm wünscht man sich mehr zu hören. Mit seinem tiefen Verständnis der venezianischen Musik steht er Schütz sehr nahe. Und wenn er mit hellen Sopranstimmen in "Unser Leben ist ein Schatten" durch schnelle, vielfach multiplizierte Echoeffekte "echte", nicht zu fassende "Schatten" aus Klängen zaubert, ja da glaubt man doch, dass so einer einfach mit Johann Sebastian verwandt sein muss.

Auch wenn man weiß, dass Musik zu jenen Zeiten als Handwerk verstanden wurde und der Umgang mit dieser ausdrucksstärksten Form der Mathematik von Kind erfahren und gelernt wurde. "Freut euch alle" bildete die Klammer um den "Familiennachmittag", es erklang zu Beginn und noch einmal zum Ende des Konzertes.

Langer und wohl verdienter Applaus für ein hervorragend umgesetztes musikalisches Konzept.

(RP)
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