Hünxe Punk im Pott mit Pogo, Bier und fetten Insekten

Hünxe · Superstimmung beim Ruhrpott-Rodeo. 8500 Besucher feierten auf der Schwarzen Heide drei Tage lang ziemlich laut den Sommer.

 Schöner als Fliegen: Stage Diver genossen das Bad in der Menge nicht nur beim Auftritt von Sondaschule.

Schöner als Fliegen: Stage Diver genossen das Bad in der Menge nicht nur beim Auftritt von Sondaschule.

Foto: Schack

Das war es also, das erste Ruhrpott Rodeo im August. Die Terminverlegung hat sich als eine gute Entscheidung erwiesen, bei über 20 Grad bis in die Abendstunden singt sich nicht nur "Ich will Sommer, Sonne, Strand und mehr" viel leichter mit. Und die Kombination Urlaubszeit/Festivalzeit dürfte ebenfalls zu den guten Besucherzahlen beigetragen haben. Zu denen, die sich über die Verschiebung des Ruhrpott Rodeos von Pfingsten auf den August gefreut haben, gehören auch Mirko Schombert, Anna Scherer und weitere Mitglieder der Burghofbühne. Sie nutzten die Theaterferien geradezu für einen "Betriebsausflug" des Landestheaters, Camping inklusive. Für Intendant Mirko Schombert und der Leiterin des Kinder- und Jugendtheaters ist Punkrock nicht nur Kindheits- und Jugenderinnerung. Es ist ein kreativer Ansatz.

"Mir gefällt der Do-it-yourself-Gedanke", so Schombert. "Drei Akkorde, und man kann loslegen." Ist ein Punkrocksänger wirklich ein Sänger? Charlie Harper frotzelt darüber auf der Rodeo-Bühne - er macht diesen Job bei den U.K. Subs seit 40 Jahren. Die Londoner gehören zu den Punkbands der ersten Stunde, das Raue, Ungeschliffene und spontan Wirkende hat sich der Mann mit den schluderig blau-grün gefärbten Haaren bewahrt.

 Schrill, bunt und ein wenig verrückt - die Besucher bewiesen bei ihrer Kostümieren Phantasie.

Schrill, bunt und ein wenig verrückt - die Besucher bewiesen bei ihrer Kostümieren Phantasie.

Foto: Kempken

Punk als Statement. Es kommt nicht auf die Form an, wenn man inhaltlich etwas zu sagen hat. "Das ist es, was ich als Grundphilosophie verinnerlicht habe", erklärt Mirko Schombert und wenn an der Burghofbühne theaterpädagogisch gearbeitet wird, wenn bei den Bürgerbühnen spannende Stücke und Inszenierungen entstehen, wirkt diese Philosophie nach. Aber das kreative Konzept ist es nicht allein. Dritte Wahl, WIZO, die Fuckin' Faces, das sind Bands, die Schombert schon als Teenager mit Freunden hörte und ihn begleiten. Ein Lieblingslied von WIZO? "Tatsächlich 'Die letzte Sau'. Es ist auch unser Theatersong. Im Tourbus und bei Parties."

Die Descendents sind der sympathische Top-Act in der Samstagnacht, am späteren Sonntagnachmittag strömen die Scharen zu Talco. Keiner, den die Italiener mit ihrem Mix aus Punk, Ska und Folk nicht zum Tanzen bringt, eine Riesenparty mit "Hey-hey San Pauli"-Sprechchören und "Bella ciao" in Hochgeschwindigkeit. Vergleichsweise voll und fröhlich soll es erst wieder bei der Sondaschule vor der Bühne werden, Flag ist nicht Black Flag, auch wenn Keith Morris am Mikro steht. Die volle Breitseite des Hardcore bekommt die Menge bei Einbruch der Dunkelheit ab: Seit 30 Jahren brettern "Sick of it all" ihre Mischung aus Punk, Metal und was es sonst noch an härteren Gangarten gibt. Dem Ruhrpott Rodeo statteten die New Yorker einen Besuch im Rahmen ihrer Jubliäumstour ab. Verschleißerscheinungen über die Jahrzehnte? Fehlanzeige!

 Laut und hart: Bei Reagan Youth gab es kräftig was auf die Ohren.

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Foto: Heiko Kempken
 So klingt der Sommer: "Sick of it all" in Aktion.

So klingt der Sommer: "Sick of it all" in Aktion.

Foto: Schack

Dabei gehen gerade Open-Air-Festivals durchaus auch an die Substanz. Insektenstiche ("nicht der Mücken-Hype, sondern Bremsen"), Knochenbrüche auf dem unebenen Gelände, wenn auch von Veranstalterseite aus mit den großflächig gelegten Gummimatten gegen den Schlamm hervorragende Arbeit geleistet wurde, Kreislaufprobleme und ein Bier zuviel. 364 Hilfsleistungen und 57 Krankentransporte bilanziert das Deutsche Rote Kreuz. Alles im grünen Bereich für eine solche Veranstaltung. "Das entspricht der Statistik der letzten Jahre", so Martin Götzke, der die Zusammenarbeit mit dem Veranstalter Alex Schwers und den Festivalbesuchern ausdrücklich lobt. Der zeigt sich ebenfalls mit dem Ruhrpott Rodeo 2016 zufrieden. 8500 Besucher bei gutem Wetter: "Wir sind ganz glücklich", so Schwers. Ob es bei dem Augusttermin bleiben wird, hängt noch von mehreren Faktoren ab, auch wenn Temperaturen und das Booking dafür sprechen. Wann das Ruhrpott Rodeo 2017 steigt, wird bis Ende des Monats bekannt gegeben.

(RP)
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