Serie Jüchens Kreative (2) Dieser Künstler malt Bilder, die niemand leergucken kann

Korschenbroich · Viel Zeit sollte man einplanen für einen Atelierbesuch bei Ildefons Höyng. Zeit, um aus den Leinwänden und Papierarbeiten auszuwählen. Aber nicht nur: Es braucht Zeit herauszufinden, was die Gemälde im Betrachter hervorrufen.

 Der Maler Ildefons Höyng nährt sich der Kunst philosophisch: Sie sei eine Art, "die Welt zu erleben und zu verstehen".

Der Maler Ildefons Höyng nährt sich der Kunst philosophisch: Sie sei eine Art, "die Welt zu erleben und zu verstehen".

Foto: Lothar Berns

Vielversprechend, modern und erfrischend anders präsentiert sich sein Atelier am Rande einer Sackgasse. Die Umsiedlung nach Neu-Spenrath bot dem Maler Ildefons Höyng die Chance zu einem Neubeginn: Hier konnte er das Atelier bauen, von dem er lange geträumt hatte: Drei lichtdurchflutete Räume und ein Depot erstrecken sich auf 175m². Es sei "sein Labor, sein geistiges Zuhause", sagt er.

Je nach Jahreszeit und Format seiner Werke wechselt er zwischen den Räumen; seine großformatigen Leinwände bearbeitet er auf dem Boden. Der in Neuss geborene Künstler ist mittlerweile in Jüchen verortet. Im Wohnhaus gegenüber lebt er mit seiner Frau und den drei Kindern. Höyng hat sich der gegenstandslosen Malerei und der Farbfeldmalerei verschrieben. Selten nur finden sich Zahlen oder Blütenformen in seinen Gemälden.

Er beschäftigt sich mit der Farbe und ihrer ordnenden Kraft im Bild. Philosophisch nähert er sich der Kunst: Sie sei für ihn "eine Art, die Welt zu erleben und zu verstehen und die Wirklichkeit zu vergegenwärtigen", sagt er. Es war ein Buch über den amerikanischen Maler Jasper Johns, das ihn schon als Jugendlichen inspiriert hat. Studiert hat er an der Kunstakademie in Düsseldorf; er war Meisterschüler von Gerhard Richter.

Erst nach dem Studium sei er zur ungegenständlichen Malerei gekommen, erzählt Höyng. "Leuchtend, leicht, transparent und offen" beschreibt Höyng seinen Malstil. Zurzeit charakterisieren horizontale Farbflächen sein Werk. Kleine Einsprengsel fallen ebenso auf wie die spannende Oberflächen-Gestaltung: Tropfenartig perlt stark verdünnte Ölfarbe über die Bilder. Die Übergänge zerfließen. Diese kleinen Momente der Brechungen machen seine Gemälde so spannend.

Es ist Höyng wichtig, dass seine Bilder nicht langweilen, dass man sie "nicht leergucken kann", und dass sie "nicht müde werden". Um diese Qualität zu erreichen, arbeitet er oft mehrere Jahre an seinen Leinwänden, ruft sie immer wieder auf. Wenn sie fertig sind, müssen sie "den Gegendruck der Wirklichkeit aushalten". Vor Ausstellungen hängt er seine Werke probeweise im Atelier, um zu sehen, wie sie korrespondieren.

Sie sollen sich "außerhalb des Ateliers in ihrer Wirkung steigern". Zehn Minuten braucht man schon, um sich in die einzelnen Farbflächen zu vertiefen. Es sind Minuten der Kontemplation, Ruhe und Innerlichkeit. Zeit, um über sich selbst und das Sein zu reflektieren. Das ist das Potential der gegenstandslosen Malerei. Wenn man es denn zulässt.

(RP)
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