Jüchen Familienfreundlichkeit: Jüchener können von Westfalen lernen

Jüchen · Klaus Besser, seit neun Jahren hauptamtlicher SPD-Bürgermeister der 20 000-Einwohner-Gemeinde Steinhagen in Ostwestfalen, referierte in Haus Katz über die Zertifizierung als "Familiengerechte Kommune" - ein Weg, den auch die Sozialdemokraten für die Gemeinde Jüchen einschlagen wollen. Vertreter des Vereins "Familiengerechte Kommune" sollen sich im Fachausschuss vorstellen.

Für Besser war das Audit eine positive Entscheidung. "Wir werben aggressiv damit, haben etwa Willkommenstafeln aufgestellt, Werbung auf Busse geklebt." Auch bei vielen politischen Entscheidungen stehe deren Bedeutung für Familien stärker im Fokus. Dabei erweiterte Besser den Begriff der Familie ausdrücklich um Alleinerziehende, Patchwork-Familien, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Wohngemeinschaften oder kinderlose Ehepaare. Laut Besser ist Steinhagen mit diesem Zertifikat noch eine Ausnahme unter den westfälischen Kommunen. Er geht von einer positiven Wirkung auf die Zahl der Zuzüge aus: "Seit der Zertifizierung ziehen pro Monat rund 20 Menschen zu uns, sowohl Familien als auch Über-60-Jährige." Der Wohnungsmarkt sei überhitzt, die Nachfrage enorm. Für die Gemeinde eine Chance, sich dem demografischen Wandel zu stellen: "Wir gehen bis 2030 von einer gleichbleibenden Kinderzahl aus."

Rund anderthalb Jahre habe der Weg vom Ratsbeschluss "Ja zum Audit" über eine Analyse, Workshops, die Aufstellung eines Maßnahmenkatalogs bis hin zum Zertifikat gedauert. Rund 17 000 Euro fielen als Ausgaben an. Eine konkrete Veränderung: Nachdem das Audit einen Mangel an finanzierbaren Wohnraum zeigte, initiierte die Gemeinde daraufhin ein Wohnbauförderungsprogramm und investiert über einen Zeitraum von zehn Jahren rund eine Million Euro.

Mit wenig Aufwand ließ sich ein "Kindermitnehm-Tag" in der Verwaltung umsetzen. Dabei konnten die Rathaus-Mitarbeiter an einem Brückentag ihren Nachwuchs mitbringen. "Wir beschäftigen viele Alleinerziehende, die dadurch einen Urlaubstag sparen konnten", erklärte Besser. Die Aktion kam so gut an, dass sie wiederholt werden soll.

Jüchen soll sich, so SPD-Fraktionschef Holger Tesmann, diese Praxis zum Vorbild nehmen: "Familiengerechtigkeit als kommunalpolitischer Richtungsweiser ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen durch den Wandel in der Bevölkerungsstruktur."

(busch-)
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