Jüchen Kelzenberger überleben den Terror von Barcelona

Jüchen · 70 Jugendliche und 15 Betreuer der Spanienfreizeit der evangelischen Kirchengemeinde Kelzenberg haben den Terroranschlag in Barcelona miterlebt. Niemand wurde verletzt, dafür gab es spontan einen Dankgottesdienst.

 Dieses Foto der Kelzenberger Gruppe, die nach dem Anschlag wohlauf ist, hat Pfarrer Bodo Beuscher den Eltern zur Beruhigung geschickt.

Dieses Foto der Kelzenberger Gruppe, die nach dem Anschlag wohlauf ist, hat Pfarrer Bodo Beuscher den Eltern zur Beruhigung geschickt.

Foto: Beuscher

Mehr als einen guten Grund für einen spontanen Dankgottesdienst gab es am Freitagabend in Kelzenberg: 70 Jugendliche und 15 Betreuer, die aktuell an der Gemeindefreizeit in Katalonien teilnehmen, haben den Terroranschlag in Barcelona zwar miterleben müssen.

"Alle sind aber wohlauf, niemand wurde verletzt", betont Pfarrerin Gabriele Beuscher, die zu dem außerordentlich gut besuchten Dankgottesdienst eingeladen hatte. Eine Mutter, deren Sohn an der Ferienfreizeit teilnimmt, die noch bis zum Ende der Woche in einer Finca in Katalonien fortgesetzt wird, sagte nach dem Gottesdienst: "Wir haben den Eindruck, dass unsre Kinder in guten Händen sind." Denn laut Beuscher werden die Jugendlichen jetzt von ihrem Mann, der die Ferienfreizeit leitet, und vom Begleiterteam engmaschig seelsorgerisch betreut.

An einem Tag während der zweiwöchigen Ferienfeizeit stand ein Ausflug nach Barcelona mit Shopping auf den berühmten Ramblas auf dem Programm: Und das war ausgerechnet der Tag, an dem der fürchterliche Terroranschlag geschah. 14 Tote und bis zu 100 Verletzte sind inzwischen die Bilanz des Anschlages, bei dem ein Lieferwagen mit hohem Tempo in die Menschenmenge gefahren wurden. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag laut ihrem Sprachrohr Amak für sich. Auch 13 Deutsche, unter anderem aus NRW, sollen zu den Schwerverletzten zählen.

Die Gruppe aus Kelzenberg hatte sich auf ihren Stadtgang laut Pfarrerin Beuscher allerdings bestens vorbereitet, was später bei all' dem Chaos nach dem Anschlag auch dazu beigetragen habe, dass sich alle trotz recht unübersichtlicher Verhältnisse wieder zusammenfanden. Es seien WhatsApp-Gruppen gebildet worden, so dass mit Hilfe der modernen Kommunikationstechnik die Verbindung nie abgerissen sei. "Früher hätten bei mir die Telefone nicht stillgestanden, weil natürlich alle besorgten Eltern sofort bei mir angerufen hätten. Aber alle Jugendlichen haben Handys und haben ihre Eltern sofort beruhigen können, dass ihnen nichts geschehen war", berichtet die Pfarrerin, die mit ihrem Mann Bodo Beuscher in der Anschlagnacht bis zwei Uhr morgens noch in ständigem WhatsApp-Austausch war, bis die Gruppe wohlbehalten in der Finca wieder zurückgekehrt war.

Es sei aber keinen Moment daran gedacht worden, die Ferienfeizeit abzubrechen, im Gegenteil: "Was die Kinder erlebt haben, das schweißt zusammen", weiß Beuscher. Und gerade jetzt sei die beste Gelegenheit, durch Einzel- und Gruppengespräche auch die Ängste zu verarbeiten, die zweifellos aufgekommen seien.

So hat ein 15-Jähriger aus der Kelzenberger Gruppe bei Facebook gepostet, was er bei dem Terroranschlag miterlebt hat: "Wir haben Schreie und einen Knall gehört, dann sahen wir den Lieferwagen, wie er durch die Menge fuhr. Ich hab' echt sch... Sachen gesehen, die ich nicht los werde." Er sei mit drei weiteren Jungs aus der Kelzenberger Gruppe unterwegs gewesen und in ein Starbucks-Lokal gerannt, wo sie zum Schutz in die Küche gebracht worden seien. "Nach etwa 20 Minuten Ungewissheit wurden wir rausgeholt... da konnten wir wenigstens sehen, was draußen abging."

Nach etwa 40 Minuten habe man die Jungen wieder nach draußen gelassen, wo sie sich alle an den Händen haltend mit Hilfe von Google Maps zum vereinbaren Treffpunkt der Kelzenberger Gruppe durchgeschlagen hätten: "Während der ganzen Zeit habe ich immer wieder Angst bekommen... wir haben hinter uns Geschrei gehört... und eine Menschenmenge ist auf uns zugekommen. Wir sind in Panik mitgelaufen. Diese Angst um mich und meine Freunde war so intensiv, dass ich sie immer noch spüre", schreibt der 15-Jährige und fügt hinzu: "Ohne ein paar Zufälle wären wir jetzt tot." Auch andere Kleingruppen der Kirchengemeinde erlebten dramatische Momente und erlitten einen Schock. Ihre Ängste können die Kinder jetzt gemeinsam unter seelsorgerischer Betreuung in Spanien und anschließend im Jugendtreff der Gemeinde verarbeiten.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort