Jüchen Kräuterkunde wird zu neuer Lebensaufgabe

Jüchen · Ingrid Paulußen aus Hochneukirch hat sich als Kräuterfachfrau ausbilden lassen und bietet Seminare erstmals auch für Kinder an.

 Die Kräuterfachfrau Ingrid Paulußen mit einem herrlich duftenden Lavendel-Busch in ihrem Garten in Hochneukirch. Der Sommer ist die Zeit der kräftigen Blüten.

Die Kräuterfachfrau Ingrid Paulußen mit einem herrlich duftenden Lavendel-Busch in ihrem Garten in Hochneukirch. Der Sommer ist die Zeit der kräftigen Blüten.

Foto: Lothar Berns

Als Kräuter-"Hexe" tituliert zu werden, nimmt die 49-jährige Ingrid Paulußen aus Hochneukirch mit Humor. Lieber ist ihr aber der Titel Kräuter-"Fee", denn der sei auch zutreffender. Die zertifizierte Kräuterfachfrau mit Ausbildung an der Phytaro-Schule in Dortmund hat das Sammeln und Zubereiten von Wildkräutern und -beeren gleichzeitig zu einem Nebenerwerb und in erster Linie zu einer neuen Lebenseinstellung gemacht. Ihre Ausbildung bezog sich in erster Linie auf die Wildkräuter als Nahrungsmittel, streifte aber auch die Aufbereitung zu Heilmitteln. Tinkturen, Salben, Elixiere versteht die Wahl-Hochneukirchnerin ebenfalls aus den Pflanzen herzustellen.

Vor zwei Jahren zündete bei der alleinerziehenden Mutter eines 18-Jährigen der Funke, sich in ihrem Leben neu zu orientieren. Bis dahin hatte sie als Managementassistentin für große Industriefirmen und auch in der Unternehmensberatung gearbeitet: "Mir war aber klar, dass mir etwas fehlte", blickt Paulußen zurück. Was ihr fehlte, war die Natur, die Ruhe, das Rückbesinnen auf ein einfaches und gesundes Leben im Rhythmus mit der Natur. "Ich habe auch als Kind schon gerne im Garten gearbeitet und bin mit meinen Eltern viel in der Natur gewandert", erinnert sie sich.

Eine Kräuterwanderung, auf die sie durch Zufall stieß, kurz darauf eine Vertiefung des Themas bei einer kräuterkundigen Frau in Belgien waren für Ingrid Paulußen die Initialzündung. "Diese Frau hat mich ungeheuer inspiriert", sagt sie. Nach ihrer Ausbildung mit Abschlussprüfung und Zertifikat in Dortmund bot Paulußen dann vor zwei Jahren ihr erstes "Event" an, wie sie ihre Kräuterseminare nennt. Mittlerweile kämen vor allem die Großstädter zu ihren Unterrichtseinheiten: "Ich habe jetzt zum ersten Mal auch eine Anmeldung aus Jüchen", gibt sie zu.

Und zum ersten Mal spricht die Kräuterfee in diesem Jahr auch Kinder mit einem speziellen Kräutersammel- und -kochevent an. Denn Kinder sind die besten Erzieher der Erwachsenen, weiß die Mutter eines angehenden Gärtners. Auf lange Hand hofft die Kräuterfachfrau, auch mal in Kindergärten und Schulen in Jüchen eingeladen zu werden, um Tipps für gesundes und leckeres Pausenfrühstück und Mittagessen zu geben. Erweitern möchte sie ihre Seminare auch auf fast das ganze Jahr, um das gesamte Wildkräuterspektrum im Frühling, Sommer und Herbst abzudecken, das sie übrigens ganz in der Nähe ihres Hauses findet.

Denn Ingrid Paulußen hat den Vorteil der unbewirtschafteten Grünflächen am Kohletagebau entdeckt, die weder gerodet, noch mit Chemie behandelt werden. Viele Dutzende von Kräuterarten gedeihen dort und mittlerweile auch in ihrem eigenen Garten. Mit Körbchen und Schere oder Messer geht sie dann auch mit ihren Kursteilnehmern die "Kräuterpfade" entlang, die sie zuvor erkundet hat. Anschließend wird gemeinsam gekocht, gebrutzelt und gemischt - zum Beispiel Kräuterlimonade, Kräuterdips, Salate aus Wildkräutern mit essbaren Blüten, Brennnesselfrikadellen oder Suppen aus den aromatischen Gewächsen.

Die sonstigen Zutaten kaufe sie alle im Biomarkt ein, sichert Paulußen zu, die für ihre "Events" durchaus stolze Preise nimmt. "Ich habe viel vorzubereiten und biete schließlich auch einen gewissen Qualitätsstandard", sagt sie. Leben kann die Kräuterfee von ihrem Nebenerwerb allerdings noch nicht, obwohl dies auf Dauer ihr Ziel sei. "Vielleicht mache ich auch noch einen Kräuterladen auf", sagt Paulußen. Bis dahin vertraut sie auf ihr zweites Standbein, eine kleine eigene Firma für Serviceleistungen im Bürobereich.

(NGZ)
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