Jüchen Schlechtestes Erntejahr seit langer Zeit

Jüchen · Der nasse Sommer bringt heimische Landwirte an den Rand des Ruins. Jochen Roelen überlebt die Missernte durch besondere Anbaukulturen, wie jetzt die Vielfalt an Kürbisarten. Für ihn gehört Marketing zum Berufsbild des Bauern.

 Landwirt Jochen Roelen freut sich über eine große Vielfalt von Kürbissen (in der linken Hand ein Ufo-Kürbis). Eigentlich haben die Bauern in diesem Jahr nicht viel zu lachen. Die Missernten bringen manche in Existenznöte.

Landwirt Jochen Roelen freut sich über eine große Vielfalt von Kürbissen (in der linken Hand ein Ufo-Kürbis). Eigentlich haben die Bauern in diesem Jahr nicht viel zu lachen. Die Missernten bringen manche in Existenznöte.

Foto: Lothar Berns

Ansprechend dekorierte Kürbisse in Hülle und Fülle fallen zwar auf den ersten Blick im Roelen-Hof und auf dem Kürbisacker auf. Doch die augenblickliche Fülle täuscht: Landwirt Jochen Roelen erlebt das bisher schlechteste Erntejahr, seitdem er den Hof 1998 von seinem Vater übernommen hat. So wie Roelen ergeht es allen Landwirten, die durch den schlechten Sommer jetzt teilweise sogar in Existenznöte geraten sind: "Wer jetzt kein finanzielles Puffer hat, der kann dieses Jahr nicht überleben", sagt der 38-jährige Landwirt.

Roelen spricht von etwa einem Viertel an Umsatzeinbußen in allen seinen Anbaukulturen, teilweise sei es sogar noch mehr. Die Zuckerrüben seien verhagelt worden. "Und der Spargel stand regelrecht im Wasser. Ich musste die nassen Spargelfelder dreimal pro Woche auspumpen." Aber auch die Weizenernte verregnete Roelen ebenso wie seinen Kollegen, ganz zu schweigen von den Blumen. Sein Kürbisacker habe in guten Jahren fünf Ernteperioden. Diesmal sei die erste Blüte durch Starkregen kaputt gegangen, die Folge: "Jetzt wird es höchstens drei bis vier Ernteperioden geben", bedauert Roelen.

Neben der Abhängigkeit vom Wetter sieht der junge Landwirt aber zunehmend die (EU)-Politik als Ursache für immer größere Erschwernisse an: "Die Politik macht uns mit ihrer Bürokratie und der Preisgestaltung kaputt", sagt er und nennt ein Beispiel: Zwölf Euro gebe es für 100 Kilogramm Weizen. "Dabei verursacht die Weizenproduktion Anbau pro Hektar alleine schon 1300 Euro", rechnet Roelen vor.

Weizen, Zuckerrüben oder Mais müsse er aber anbauen, um die Fruchtbarkeit der Erde zu erhalten. Denn zum Beispiel Kürbisse kommen nur alle vier Jahre auf denselben Acker. Seine Flächen bewirtschaftet Roelen stets im Fruchtwechsel. Das bedeutet aber: "Ich stehe morgens mit meinem 250.000 Euro teuren Mähdrescher auf dem Weizenfeld und weiß, dass ich am Weizen überhaupt nichts verdiene. Ich muss ihn aber anbauen, um den Boden fruchtbar zu halten. Da gibt es Berufe, in denen man sein Geld leichter verdient", weiß der 38-jährige Familienvater, der dennoch mit Leib und Seele Landwirt ist: "Ich habe ja meine Babys", sagt er über seinen Kulturanbau mit mehr als 400 Kürbissorten, mit Spargel, der sogar im Lößboden gedeiht, mit Tulpen(zwiebeln) und Topinambur.

Für seine besonderen Anbaukulturen, die er teilweise bis ins Bergische Land oder ins Ruhrgebiet verkauft, betreibt Roelen allerdings auch ein gezieltes Marketing. Die Generation seines Vaters habe mit PR oder Marketing noch nichts anfangen können. Auch in seiner Ausbildung sei dies kein Thema gewesen: "In der Ausbildung soll man Traktorfahren lernen. Das kann aber jedes Kind vom Bauernhof. Wichtige Inhalte wie Marketing, ohne die man heute als Landwirt nicht überleben kann, kommen nicht vor", beklagt Roelen.

Dennoch sähe er gerne, wenn der Hof in Familienbesitz bliebe. Seine Töchter sind erst zwei und sechs Jahre alt. "Wenn eine Tochter eines Tages den Hof als Nebenerwerb fortführt oder einen Bauern heiratet, dann kann es klappen", prognostiziert der 38-Jährige.

Bis dahin bereiten Jochen Roelen vor allem jetzt zur Kürbiszeit "seine Babys" große Freude. Denn gerade Kürbisse - übrigens ein Gemüse, obzwar die größte Beere in der Natur - seien ungeheuer vielfältig. So verwundert es kaum, dass in Gubberath zwar keine Ufos landen, aber in Kürbisform auf dem Acker gedeihen. Und diese platten Zierkürbisse haben wirklich ein Aussehen wie Ufos.

Roelens Lieblingskürbis ist aber der nur 100 Gramm leichte Baby Boo: "Den kann man sogar roh essen", schwärmt er und spricht von schier unendlichen Möglichkeiten der Kürbiszubereitung von der Suppe über alle möglichen Gemüsezubereitungen bis hin zur Eiscreme.

(NGZ)
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