Jüchen Student will "Freifunk" nach Jüchen bringen

Jüchen · Simon Kell möchte freies W-Lan in Jüchen für alle Bürger. Er ist Mitglied der Initiative "Freifunk", die sich für kostenfreies Internet einsetzt.

 Simon Kell auf dem Marktplatz in Hochneukirch. In der Hand hält er einen Router, mit dem es möglich ist, das Internet mit anderen zu teilen.

Simon Kell auf dem Marktplatz in Hochneukirch. In der Hand hält er einen Router, mit dem es möglich ist, das Internet mit anderen zu teilen.

Foto: Lothar Berns

Simon Kell hat es nicht leicht mit seinem Vorhaben, frei zugängliches W-Lan in Jüchen zu schaffen. "Ich habe eine Idee. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass es in Hochneukirch freies W-Lan gibt...", setzt der 22-Jährige an, doch Eiscafé-Besitzer Bahri Fetahu winkt ab. "Ich will mir hier nicht irgendwas anlachen, wo ich nachher haften muss, wenn Leute etwas Verbotenes über mein W-Lan runterladen", sagt Fetahu. Auch die Argumente "nichts bezahlen", "kein Vertrag" und "keine Haftung" ändern die Haltung des Eiscafé-Besitzers nicht. Die Menschen, die Simon Kell für seine Idee gewinnen will, sind skeptisch. Dabei gibt es laut Kell dafür keinen Grund.

"Freifunk" heißt die Initiative, die in Berlin ihren Anfang fand und nun auch bis ins Rheinland vorgedrungen ist. Kell, Wirtschaftsinformatik-Student und Parteivorsitzender der Jüchener FDP, ist auf die Initiative aufmerksam geworden und möchte Freifunk jetzt in Jüchen etablieren. "Jüchen sollte sich weltoffen zeigen. Alle würden profitieren", sagt er.

Kell erklärt, wie Freifunk funktioniert: "Es handelt sich dabei um einen Router, der mit dem eigenen W-Lan verbunden wird. Über diesen Router kann sich dann jeder anonym einloggen und das W-Lan mitnutzen." Würden viele einen Freifunk-Router nutzen, könnte am Ende eine komplette Einkaufsstraße vernetzt sein, oder sogar die ganze Gemeinde. "Mein Traum wäre, wenn am Kirchturm vier Router aufgestellt werden, die dann 360 Grad in die Stadt strahlen. Ein riesiger Teil wäre so mit W-Lan abgedeckt", sagt Kell. Für ein solches Projekt möchte er sich bald mit Bürgermeister Harald Zillikens zusammensetzen. Auch sieht Kell in Freifunk eine große Bereicherung für Flüchtlinge. "Sie haben wenig und müssen oft ihr gesamtes Geld dafür ausgeben, um teure Telefonate in ihre Heimat führen zu können", meint Kell. Wenn sie Zugang zu freiem W-Lan erhielten, könnten sie per Internet und Videotelefonie kostenlos Kontakt zu ihren Familien halten.

Doch nicht nur Eiscafé-Besitzer Bahri Fetahu dürfte sich an der Haftungsfrage stören. Wer sein Internet fremden Menschen zur Verfügung stellt, möchte wissen, wer haftet, falls illegale Inhalte heruntergeladen werden. "Freifunk ist seit kurzem ein eigener Internet-Service-Provider. Daher entfällt die Störerhaftung", sagt Kell. Da es nur ein kleiner Provider ist, nicht zu vergleichen mit den großen gängigen, entfällt die Vorratsdatenspeicherung. Man kann also völlig anonym im Internet surfen. Im Detail kann man sich das so vorstellen, dass die Daten durch ein virtuelles Kabel vom Router zum Freifunkserver, und von dort aus ins Internet laufen. Die Daten sind verschlüsselt und keiner kann zugreifen. "Das Ziel ist, ein möglichst anonymes Internet zu schaffen, weg von staatlicher Kontrolle", so der Student. Wer Sorge hat, das eigene Internet könnte durch die Nutzung Anderer langsamer werden, liegt falsch. "Man kann begrenzen, dass nur zehn Prozent genutzt werden. Das reicht für die Nutzer, um die gewöhnlichen Dinge wie soziale Netzwerke und Mails abzurufen - und das eigene Internet bleibt so schnell wie vorher."

Die Kosten für einen Router variieren. Es gibt welche mit einer kleineren Reichweite für 20 oder 30 Euro. Dann gibt es noch einen Router für 250 Euro, der eine zielgenauere Reichweite hat. Simon Kell: "Die Kosten sind einmalig. Strom und Internet sind die einzigen laufenden Kosten." Freifunk verdiene nichts daran. "Es geht darum, dass alle gewinnen und wir die Infrastruktur dafür zur Verfügung stellen."

(NGZ)
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