Jüchen Therapie-Pony ist der Star im Seniorenzentrum

Jüchen · John Esser, Leiter des Seniorenzentrums Haus Maria Frieden, hatte einen Witz machen wollen: "Da kommt uns ein Pferd besuchen", meinte er, als Gregor Kryk zum ersten Mal mit seinem Anhänger vor der Einrichtung am Jakobusweg vorfuhr - und Pony Leica durch die Eingangshalle führt, um mit ihm per Aufzug in die erste Etage zu fahren.

 Da steht ein Pferd auf dem Flur: Gregor Kryk und seine Tiere werden einmal im Monat schon sehnsüchtig im Haus Maria Frieden erwartet.

Da steht ein Pferd auf dem Flur: Gregor Kryk und seine Tiere werden einmal im Monat schon sehnsüchtig im Haus Maria Frieden erwartet.

Foto: Salz

Dort, im Blauen Salon, werden er und seine tierischen Begleiter bereits sehnlichst erwartet. Ein Kreis von meist zehn Senioren freut sich darauf, kuschelige Kaninchen und Meerschweinchen auf dem Schoß zu halten, Hundedame Bella zu streicheln oder "Kampfente" Pünktchen zu beobachten, die hier und da ungeniert etwas fallenlässt. In die Runde kommt sofort Leben, wenn sich die Tiere nähern. Sophia Weinert etwa war schon eine halbe Stunde vor der verabredeten Zeit da. Ihre Sitznachbarin Ursel Scheffler ist glücklich, Pony Leica als Erste am Halfter nehmen zu dürfen. "Wir zwei schmusen jetzt", sagt die alte Dame zärtlich und lacht herzlich, als Leica an ihrem Ärmel schnuppert. "Als Kind durfte ich kein Tier halten", erzählt Brigitte Detampel. Das Versäumte holt sie nun nach, streichelt ein samtgraues Zwergkaninchen, und beide scheinen es zu genießen. Derweil verfolgt Josef Noll interessiert das Treiben der Ente, die frech an den Flaschen in der Ecke knabbert.

"Beim Besuch eines Therapiehundes haben wir gemerkt, dass Tiere in der Biographie vieler unserer Bewohner eine große Rolle spielen. Wir wohnen hier ja sehr ländlich", erklärt Pflegedienstleiterin Beate Schmitz die Idee. "Die Bewohner kommunizieren mit den Tieren, selbst jene, die nicht mehr reden können, streicheln sie und lächeln." Über eine frühere Bewohnerin kam der Kontakt zu Gregor Kryk zustande, der seit zehn Jahren auf seinem Hof in Wegberg bei Heinsberg tiergestützte Aktivitäten anbietet. Maximal zwei Mal pro Woche nimmt er einige seiner Schutzbefohlenen mit auf einen Ausflug in ein Seniorenheim. "Sie sollen noch Tiere sein dürfen und das Ganze soll nicht in Stress ausarten", betont er. Einmal im Monat besucht er nun das Seniorenzentrum Haus Maria Frieden, dessen Förderverein um die Vorsitzende Gabriele Kürten dieses besondere Angebot bis auf Weiteres finanziell ermöglicht.

"Sogar Menschen, die sonst eher passiv sind, werden offener und haben ein Gesprächsthema", hat Annemarie Wyrichs vom Sozialen Dienst des Hauses beobachtet, "die Gegenwart der Tiere wirkt auch auf nervöse Menschen beruhigend. Die Begegnung weckt vielleicht Erinnerungen an ein geliebtes Haustier." Wie bei Helga Rathmann, die auf einem Jüchener Hof groß wurde und in ihrer Jugend eine passionierte Reiterin war. Manches mag sie vergessen haben, doch ihren beeindruckenden Pferde-Sachverstand besitzt sie bis heute.

Viel zu schnell ist die Stunde herum. Gregor Kryk setzt seine Begleiter wieder ins Handwägelchen. "Ich zähle durch", scherzt er und verspricht, bei einem der nächsten Male das Minischwein mitzubringen, vielleicht auch den Esel oder die Jersey-Kuh. "Dann sollten wir uns aber vielleicht lieber unten im Eingang treffen", schlägt er vor.

(NGZ)
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