Kaarst Flüchtlinge für Sport im Verein begeistern

Kaarst · Viele Kaarster Sportvereine bieten Flüchtlingen während ihres Asylbewerberverfahrens an, kostenlos in allen Abteilungen des Vereins Sport zu treiben. Aber die Erfahrung zeigt: Viele reagieren scheu und zurückhaltend.

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Foto: Dieter Weber

Eigentlich ist der Hartgummiplatz beim Albert-Einstein-Gymnasium erst ab 15.30 Uhr für Fußball- oder Basketball-Freizeitsportler geöffnet. Seit über einer Woche kann er aber bereits ab 8 Uhr morgens genutzt werden. Darauf haben sich die Stadt Kaarst und die SG Kaarst geeinigt, um Flüchtlingen die Möglichkeit zu bieten, Sport zu treiben und sich zu bewegen, solange ihr Anerkennungsverfahren läuft - und das gilt für alle Abteilungen des Vereins. Zwar gibt es auch nach wie vor die Möglichkeit für Asylbewerber, kostenlos Angebote etlicher Kaarster Sportvereine zu nutzen, "doch der integrative Prozess im Verein läuft eher schleppend", sagt Andreas Warnt, der Geschäftsstellenleiter der SG Kaarst.

Es koste die Asylbewerber offenbar doch recht große Überwindung, in einer bestehenden Trainingsgruppe Sport zu treiben. "Die meisten sind sehr scheu und zurückhaltend", berichtet Warnt von seinen bisherigen Erfahrungen. Und da viele Sportgruppen ihre festen Trainingsabläufe haben, sei es für beide Seiten nicht ganz einfach, gemeinsam zu trainieren. "Hinzukommen die sprachlichen Verständigungsprobleme", sagt Warnt.

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Foto: Endermann, Andreas

Daher sei die SG Kaarst an die Stadt mit dem Vorschlag herangetreten, den Hartgummiplatz bereits morgens zu öffnen, um den Flüchtlingen die Möglichkeit zu bieten, gemeinsam zu spielen. "Der Platz wird morgens von uns aufgeschlossen und liegt bis 15.30 Uhr in unserer Verantwortung", erklärt Warnt. Basketbälle hat die BG Kaarst-Büttgen gespendet.

Angesichts der bevorstehenden Wintermonate hatte Anna Calvano, die sich in der ehrenamtlichen Flüchtlingsinitiative engagiert, die Idee, ein Badminton-Projekt für Asylbewerber zu starten. Bei Jürgen Sarrazin von der Tespo stieß sie damit auf offene Ohren. Die Tespo stellt für das Projekt kostenlos zwei Plätze, Schläger und Federbälle zur Verfügung. "Für das erste Treffen haben sich acht Flüchtlinge, darunter vier junge Männer, zwei etwa 13-jährige Mädchen und zwei Jungen angemeldet", erzählt Calvano. Angeleitet werden die Interessierten vom Badminton-Spieler Dominik Rivola und dem Ehrenamtler Sebastian Leier. Calvano hofft, dass das Angebot auch in Zukunft noch gut angenommen wird.

 Die Badminton-Truppe, von Anna Calvano initiiert, gehört zu den Projekten, die auch angenommen werden.

Die Badminton-Truppe, von Anna Calvano initiiert, gehört zu den Projekten, die auch angenommen werden.

Foto: Anna Calvano

Beim VfR Büttgen mit seinen neun Abteilungen und rund 1.600 Mitgliedern ist die Resonanz auf die kostenlosen Sportangebote für Asylbewerber sehr verhalten, sagt Vorsitzender Franz-Josef Kallen. In der Flüchtlingsunterkunft in Büttgen hatte er entsprechende Faltblätter hinterlegt. "Aber es hat sich keiner gemeldet. Die meisten sind zu ängstlich und scheu."

Anders sei es bei den Kindern. "Wir haben etwa acht Kinder, die regelmäßig beim Fußball mittrainieren und auch zu den Spielen gefahren werden", erzählt er. Die Eltern, die aus Pakistan, Syrien oder Eritrea stammen, würden aber bei den Spielen ihrer Sprösslinge dann zuschauen.

Die Erwachsenen jedoch selbst zum gemeinsamen Sporttreiben zu bewegen, sei nicht einfach, bestätigt auch Heinz-Günter Püllen, Vorsitzender beim TV "Gut Heil" Büttgen-Vorst. Bereits im Februar hatte der Sportverein beschlossen, Menschen mit Migrationshintergrund eine kostenlose Mitgliedschaft anzubieten. "Doch das läuft nur sehr schleppend", sagt er. Wie bei den anderen Sportvereinen habe auch der TV "Gut Heil" die Erfahrung gemacht: "Man muss die Flüchtlinge einsammeln, zum Sport bringen und wieder zurückfahren. Sie wollen ans Händchen genommen werden, weil sie zu scheu sind."

Drei Damen kämen nach wie vor regelmäßig zum Zumba-Training, doch von den fünf Herren, die Volleyball gespielt hatten, sei keiner mehr übrig geblieben. "Vier wurden abgeschoben und dann blieb auch der letzte weg", so Püllen. Daher will der Verein in Zukunft auch gezielt Kinder und Jugendliche ansprechen.

(NGZ)
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