Serie: Die guten Menschen von Kaarst Hilfe für die Opfer der Tschernobyl-Katastrophe

Kaarst · Anton Diening erinnert sich noch genau an den 26. April 1986, den Tag als der Reaktor des ukrainischen Kernkraftwerks Tschernobyl explodierte: "Das war eine Katastrophe, wie man sie noch nicht kannte." In Windeseile hätten die Menschen versucht, die Gefahrenzone zu verlassen, eine große Panik sei ausgebrochen.

 Anni Müller (l.) und Frauke Diening packen Hilfspakete.

Anni Müller (l.) und Frauke Diening packen Hilfspakete.

Foto: Tschernobylhilfe

Tausende starben infolge der Strahlung, Ungezählte erkrankten an den radioaktiven Stoffen, die in die Luft geschleudert wurden. "Die freigesetzte Radioaktivität entspricht etwa der von 400 Hiroshima-Bomben", veranschaulicht der Schriftführer der Ökumenischen Tschernobylhilfe Kaarst-Büttgen. "70 Prozent des freigesetzten radioaktiven Materials trieben nach Norden und verseuchten fast ein Viertel Weißrusslands. Inzwischen ist die Sperrzone um den Reaktor über 4000 Quadratkilometer groß." Noch heute, weiß der Jurist, gebe es in Bayern Wildschweine, deren Radioaktivität den Verzehr verbietet. In dieser Sperrzone war seine Frau Frauke, Schatzmeisterin der Tschernobylhilfe, schon einmal. "Wir haben über viele Jahre regelmäßige Elternreisen organisiert - aber einmal hat mir gereicht", sagt sie.

In Weißrussland gilt der Kaarster Verein als kleine, sehr rührige Hilfsorganisation unter dem Vorsitz von Anni Müller. Sie war die treibende Kraft, als es vor rund 30 Jahren um die Gründung des Vereins ging. Rund ein Dutzend Mitglieder engagiert sich seither ebenso wie zahlreiche Kaarster, die zum Beispiel ihren Leergutbon in den Rewe-Märkten in Büttgen und Vorst spenden. "Auf diese Weise sind in diesem Jahr knapp 1000 Euro zusammen gekommen." Viele Jahre lud der Verein Kinder ein, sich einige Wochen in Gastfamilien im Rheinland zu erholen. Darüber hinaus werden Sach- und Geldspenden gesammelt, Basare veranstaltet. Denn Hilfe wird immer noch benötigt: "Es gibt immer noch viele Erkrankte in Weißrussland, verändertes Erbgut wird über Generationen weitergegeben." Meist seien Leukämie, Herzprobleme oder Schilddrüsenkrebs die Folgen. Seit der Gründung werden jährlich etwa 15 Transporte mit Sprinter und Anhänger der Tschernobylhilfe durchgeführt. Transportiert werden etwa Krankenhausbetten, Rollstühle, Gehhilfen, Fahrräder, Kinder-Fahrzeuge, Kleidung. "Unser weißrussischer Fahrer Sergio hat selbst einen Sohn durch das Unglück verloren. Er liefert die Güter bei unseren Partnerorganisationen, Schulen und Kindergärten ab. Mit ihnen stehen wir in engem Kontakt, und es sind im Lauf der Jahre sogar Freundschaften entstanden", sagt Anton Diening.

(NGZ)
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