Kaarst Hobby-Meteorologe macht Jagd auf Stürme

Kaarst · Der Kaarster hat eine eigene Wetterstation und ist Mitglied des Vereins "Skywarn". Wenn sich ein Unwetter anbahnt, zieht er mit der Kamera los.

Kaarst: Hobby-Meteorologe macht Jagd auf Stürme
Foto: Michael, Reuter (mreu)

Wenn dunkle Wolken aufziehen und sich ein Unwetter zusammenbraut, verzieht sich Sebastian Günther nicht in die eigenen vier Wände. Er geht dann erst recht vor die Haustür. Als "Stormchaser" (zu deutsch: Sturmjäger) faszinieren ihn die Naturgewalten am Himmel. Für ihn ist es ein spannendes Erlebnis, wenn die Wolkenfront auf ihn zurollt und er spürt, wie der Wind dreht und in sie hineingezogen wird, wodurch das Gewitter an Energie gewinnt. Mit der Fotokamera hält er das Naturschauspiel fest.

Seine Bilder zeigen, wie Sturmböen übers Land ziehen und Blitze herausschießen. All dies beobachtet der Kaarster aus sicherer Entfernung. Wenn das Unwetter über die Stadt zieht, ist er längst wieder zu Hause oder sitzt zumindest geschützt im Auto. "Deswegen heißt es bei uns in der Szene auch: Ein Sturmjäger wird nicht nass", erklärt Sebastian Günther.

Der Sommer in diesem Jahr bot reichlich Anlass, um "auf die Jagd" zu gehen. Mit seiner eigenen Wetterstation hat der 27 Jahre alte Fachplaner für Elektrotechnik die größten Niederschlagsmengen für Juli seit seiner eigenen Aufzeichnung im Jahr 2007 gemessen. "Unwetter und Gewitter gibt es im Sommer immer, doch dieses Jahr waren sie besonders heftig", sagt er. Der Pfingststurm "Ela" war ein außergewöhnliches Ereignis. Sebastian Günther wusste schon früh, was auf die Region zukommt. Als Mitglied des Vereins "Skywarn" bekommt er von anderen Mitgliedern Meldungen über Unwetter in ganz NRW. Alle paar Minuten gingen auf seinem Handy neue Nachrichten über Orkanschäden in Aachen und Umgebung ein. "Da wusste ich, dass es kein normales Gewitter werden wird", erzählt er.

"Skywarn" sammelt deutschlandweit Wetterbeobachtungen seiner Mitglieder. Damit möchte er die Bevölkerung ortsgenau und sehr zeitnah vor Unwettern warnen. Die rund 300 Ehrenamtlichen nutzen die Daten des "Europäischen Unwettervorhersageexperiments" (European Storm Forecast Experiment), der Deutsche Wetterdienst und die Unwetterzentrale wiederum arbeiten die Informationen von "Skywarn" in ihre Meldungen ein. Durch diese Zusammenarbeit steht den Vereinsmitgliedern der Zugang zu Wetterradar-Satellitenaufnahmen zur Verfügung. Auch Städte, Feuerwehr und andere Hilfsdienste abonnieren die Unwettermeldungen des Vereins.

Sturmjäger sind in der Regel zu zweit unterwegs: Einer fährt, der andere navigiert anhand der Radarbilder. Vor allem die Felder rund um Büttgen und nördlich von Kaarst bieten Sebastian Günther den Weitblick auf nahende Unwetterfronten. Wenn er eine sogenannten "Superzelle" entdeckt, kann er mit bloßem Auge erkennen, wie die Wolkenbasis am Himmel rotiert. Die Entwicklung zum Tornado ist dann wahrscheinlich - wobei man nur vom Tornado spricht, wenn der Trichter oder Rüssel des Wirbels den Boden berührt. Von einer "Squaline" spricht der Experte, wenn sich ein Gewitter wie eine langgezogene Linie abbildet und in einer Breite von mehr als 100 Kilometer über Land zieht. Im September ist die Saison für den Sturmjäger meist zu Ende.

(stef)
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