Kaarst "Ich bin Bürgermeisterin aus Leidenschaft"

Kaarst · Im Juni hat der neue Stadtrat Brigitta Thönißen zur zweiten Stellvertreterin von Bürgermeister Franz-Josef Moormann gewählt. Ihr Amt will die CDU-Frau mit einer großen Portion Humor und möglichst viel Gelassenheit angehen.

Der Garten hinterm Haus an der Broicherdorfstraße 47c wirkt nahezu perfekt: Grün und dicht bepflanzt ist er, keineswegs wild, aber auch nicht zu akkurat. Jedes der hübschen Accessoires scheint an der richtigen Stelle zu stehen: hier eine glänzende silberne Kugel, dort eine Figur. Da hat jemand Hand angelegt, der etwas vom Gärtnern und überhaupt von Gestaltung versteht.

Beides bezeichnet Brigitta Thönißen als ihr Hobby, neben Tennis und Akkordeonspielen, wobei sie mit letzterem auch schon mal 30 Jahre Pause lang gemacht hat. Seit einigen Monaten "schiffert" sie wieder. "Wenn ich etwas anpacke, dann mache ich das richtig und mit Leidenschaft", sagt die 65 Jahre alte CDU-Frau und meint damit auch ihre neueste Aufgabe - die Repräsentation ihrer Heimatstadt als zweite stellvertretende Bürgermeisterin.

Im Juni hat der Stadtrat Thönißen in dieses Amt gewählt. "Platz eins" belegte eine andere. Mit den Stimmen des neu gestrickten Fünferbündnisses aus SPD, Grünen, FDP, Zentrum und UWG wurde ihre ehemalige Parteikollegin Uschi Baum (jetzt FDP) zur ersten Stellvertreterin von Bürgermeister Franz-Josef Moormann ernannt. Noch vor zwei Monaten - vor der Kommunalwahl - wäre so ein Coup undenkbar gewesen.

Die CDU wurde vom Machtwechsel im Stadtrat eiskalt überrascht. "Die erste Ratssitzung war eine Lektion", sagt Thönißen, "und ich glaube, ich war die einzige, die darauf vorbereitet war." Es habe Leute gegeben, die ihr schon vorher zum Amt der ersten Stellvertreterin hätten gratulieren wollen, erinnert sich die dreifache Mutter und siebenfache Großmutter. "Ich wollte das nicht. ,Ich muss erst noch gewählt werden', hab ich gesagt. Irgendwie hatte ich eine Vorahnung."

Brigitta Thönißen kennt "das Geschäft", auch wenn sie selbst erst seit fünf Jahren der Fraktion im Rat angehört. "Ich komme aus einer politischen Familie", sagt sie. "Ich bin im Alten Dorf aufgewachsen, mein Vater saß im Stadtrat, und wenn ich mich an Früher erinnere, dann hab ich den Eindruck, als seien die Sitzungen damals fröhlicher gewesen. Dieser Machtgedanke war bei vielen einfach nicht da."

Postenschieberei ist also nicht das, was die gelernte Tontechnikerin am Politikjob reißt. "Ich sitze im Rat, um für Kaarst etwas zu bewirken", sagt Thönißen. "Dieses oft stundenlange Gezerre kann ich nicht nachvollziehen." Für ihre Partei, die CDU, glaubt die 65-Jährige, kann die neue Situation als "Opposition" im Rat aber auch eine Chance sein - eine Chance, sich anders darzustellen. "Die Arbeit in der Fraktion macht auf jeden Fall wieder Spaß", sagt sie. Die Verbissenheit sei raus. "Wir sind eine altersmäßig gut gemischte, motivierte Truppe, in der jeder jedem alles gönnt." Der Beweis: Obwohl es in der Fraktion drei andere Bewerber für den Bürgermeisterposten gegeben habe, habe sie bei der Wahl alle Stimmen der CDU bekommen, sagt Thönißen. "Für mich war die Wahl zur zweiten stellvertretenden Bürgermeisterin auch gar keine Enttäuschung. Im Gegenteil, ich freue mich auf dieses Amt, und ich werde es ausüben, wie ich es mir denke: unkompliziert und mit einer großen Portion Humor und Gelassenheit."

(NGZ)
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