Bluttat an Landstraße in Kaarst Lehrer hortete Mädchenfotos - Mord-Motiv?

Kaarst/Willich · Die Polizei hat bei dem 28 Jahre alten Pädagogen, der seinen Cousin Daniel D. im Dezember in Büttgen erschlagen haben soll, Nacktaufnahmen von Schülerinnen sichergestellt. Die Bilder könnten ein Mord-Motiv sein.

Erschlagen an Landstraße: Gedenken an Daniel D.
7 Bilder

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Größer als derzeit könnte das Entsetzen bei Schülern, Eltern und Lehrern einer Schule in Willich wohl kaum sein. Bis vor vier Wochen kannten die meisten von ihnen ihren Sportlehrer als netten, sympathischen und bei allen beliebten Pädagogen. Seit Mitte Januar sitzt der 28 Jahre alte Korschenbroicher wegen des Verdachts des Totschlags in Untersuchungshaft. Er soll seinen Cousin Daniel D. im Dezember an einer Landstraße in Kaarst-Büttgen erschlagen haben. Jetzt wurde bekannt, dass der Lehrer auch Fotos von leicht bekleideten und nackten Schülerinnen auf seinem Computer gehortet hat. Das bestätigte gestern der für das Tötungsdelikt zuständige Staatsanwalt Matthias Ridder. "Einige jungen Frauen", sagt er, "haben sich im Laufe der Ermittlungen mit entsprechenden Hinweisen an die Mordkommission ,Mühle' gewandt."

Die Fotos, so Ridder, seien auf der Festplatte eines bei einer Wohnungsdurchsuchung in Korschenbroich beschlagnahmten Computers des Verdächtigen gefunden worden. Der Fall werde jetzt an das zuständige Fachkommissariat bei der Polizei in Neuss übergeben. Weil auf den Bildern augenscheinlich Minderjährige zu sehen seien, werde gegen den Pädagogen ein weiteres Ermittlungsverfahren eingeleitet — unabhängig von der Frage, ob die Mädchen gegen ihren Willen oder mit ihrem Einverständnis fotografiert worden sind.

Chronik: Der Fall Daniel D.
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Foto: ANC-News

Ob es sich bei den gefundenen Nacktbildern um ältere oder aktuelle Aufnahmen handelt, ist noch nicht geklärt. Eine Sprecherin des Schulträgers bestätigte gestern gegenüber unserer Zeitung, dass es an der Schule in Willich, an der der 28Jährige seit 2009 beschäftigt war, im Jahr 2011 in der Tat Fälle von Belästigungen gegeben haben soll. Offenbar wurden einigen Schülerinnen über einen anonymen Account im sozialen Netzwerk Facebook auf unangenehme Art "Avancen" gemacht. Sowohl Schüler als auch Eltern, so die Sprecherin, hätten sich seinerzeit mit Ausdrucken der Internet-Korrespondenz an die Schulleitung gewandt, diese habe auch die Polizei eingeschaltet. Die Ermittlungen seien aber ins Leere gelaufen. Das Facebook-Profil, von dem die unredlichen Anfragen — womöglich nach Nacktfotos — ausgingen, wurde gelöscht. An der Schule in Willich wurde der Aspekt offenbar erst nach Bekanntwerden des Tatverdächtigen im Fall Daniel D. wieder thematisiert.

Die Kripo versucht derzeit zu klären, ob der getötete 35-Jährige von der Fotosammlung seines Cousins gewusst und gedroht haben könnte, ihn anzuzeigen. In einem solchen Fall, das schließt auch Staatsanwalt Ridder nicht aus, könnte die Tat als Mord und nicht mehr wie bislang als Totschlag gewertet werden. Der Verdächtige schweigt nach wie vor. Weil es keine Zeugen zu geben scheint, die die Tat beobachtet haben, konzentriert sich die Mordkommission auf das Tatmotiv. "Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen", sagt Ridder. "Motivationslagen sind in so einem Fall, bei dem Täter und Opfer in einem derart engen, persönlichen Verhältnis zueinander standen, viele denkbar."

Klar ist: Daniel D. und sein Cousin haben am Tattag mehrfach miteinander telefoniert, das ergab eine Auswertung der Telefondaten. "Womöglich waren sie auf dem Weg zueinander", sagt Ridder. Vielleicht kamen sie sich entgegen, erkannten sich und hielten an. Um 22.16 Uhr meldete eine Autofahrerin zunächst einen vermeintlichen Verkehrsunfall. Rettungskräfte fanden den Dormagener, der als Sachbearbeiter bei einer Versicherung arbeitete, erschlagen neben seinem Auto liegend. Zeugen berichteten später, sie hätten in der Nähe des Tatorts zwei Männer und einen silbernen Golf beobachtet — einen Wagen, wie ihn auch der jetzt Tatverdächtige fuhr. Ins Visier der Kripo war der Lehrer über eben dieses Auto geraten. Dreimal wurde der 28-Jährige zunächst als Zeuge vernommen, bevor ihn die Polizei aufforderte, seinen Golf für Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Im Innenraum fanden die Kriminaltechniker Blutspuren des Opfers.

Spätestens bis Mitte Juli, wahrscheinlich aber schon früher, will die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Ob wegen Mordes oder Totschlags wird sich zeigen.

(RP)
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