Kaarst Mit Blaulicht durch die Stille Nacht

Kaarst · Heiligabend, wenn die meisten Menschen unterm Weihnachtsbaum sitzen, geht Kai Winkels zur Arbeit - wie fast jedes Jahr seit 2001. Der Heiligabend-Dienst auf der Polizeiwache in Meerbusch ist immer ein besonderer.

 Ein weinig weihnachtliche Gemütlichkeit soll auch bei Kai Winkels und seinen Kollegen aufkommen.

Ein weinig weihnachtliche Gemütlichkeit soll auch bei Kai Winkels und seinen Kollegen aufkommen.

Foto: Tinter, Anja

Nach der Bescherung tritt Kai Winkels seinen Dienst an. Von halb zehn bis morgen früh um sechs Uhr ist der Polizeibeamte im Einsatz. Für den Kaarster ist das nichts Ungewohntes, denn seit 2001 hat er nur in einem Jahr nicht an Heiligabend gearbeitet. "Es macht doch Sinn, dass die Kollegen, die Familie und Kinder haben, heute zu Hause bleiben. Dafür arbeiten sie Silvester, damit die jüngeren dann feiern können", sagt er. Der 33-Jährige wird auf seiner Wache in Meerbusch heute Abend somit auch der Dienstälteste sein.

Das erste Mal leistete Winkels in seiner Ausbildung auf der Polizeischule in Linnich zu Weihnachten Pfortendienst. Abgesehen von dem Besuch eines Gewerkschaftsvertreters passierte dort gar nichts. Ganz so ruhig sollte es in den Folgejahren auf seinen Stationen in Kaarst und Meerbusch aber nicht bleiben. Immer wieder werden die Polizeibeamten wegen Ruhestörungen in der Nachbarschaft gerufen. Allerdings ist in den seltensten Fällen der klassische Streit unterm Weihnachtsbaum der Grund dafür. "Dazu kommt es eigentlich erst an den Tagen nach dem Fest", sagt Winkels. "Wenn die ganze Familie frei hat, kommt es eben zum Lagerkoller und man geht sich gegenseitig auf die Nerven."

Ein solcher Vorfall am 24. Dezember ist dem Polizeikommissar darum aus anderen Gründen besonders in Erinnerung geblieben. "Wir wurden von einer Frau wegen eines Streits gerufen. Bei der Überprüfung der Personalien stellte sich heraus, dass sie selbst noch einen Haftbefehl offen hatte", erzählt er. Die Handschellen klickten und die Frau musste an Heiligabend erst einmal hinter Gitter. In ihrem Fall war der Haftbefehl gegen Bezahlung einer Geldstrafe abgegolten und die Frau durfte schnell wieder nach Hause. Manch andere Leute finden sich wegen Trunkenheitsfahrten in der Weihnachtsnacht noch auf der Polizeiwache wieder. Häufig sind es auch Einbrüche, die bei arglosen Bürgern für eine böse Überraschung zu Heiligabend sorgen.

Ein schwerer Autounfall vor rund zehn Jahren war für Kai Winkels das persönlich erschütterndste Erlebnis an Heiligabend. "Ein Mädchen wurde dabei sehr schwer verletzt. Bei einem späteren Einsatz habe ich die Familie wiedergetroffen und erfuhr, dass daran die Familie zerbrochen ist", erzählt er. Und so suchen auch einsame Menschen oft den Kontakt zur örtlichen Polizei, rufen auf der Wache an oder kommen einfach vorbei.

Grundsätzlich behandelt die Behörde diesen Nachtdienst wie jeden anderen - das heißt: Standardbesetzung auf der Wache. Wie viele Beamte genau im Einsatz sind, wird aus taktischen Gründen geheimgehalten. Dennoch machen sie es sich heute Abend etwas gemütlicher als sonst. "Es wird immer zusammen etwas gegessen. Dieses Jahr backen wir Waffeln", erzählt Winkels. Und im Fernsehprogramm suchen sie wahrscheinlich wieder nach ihrem Lieblingsfilm: "Karate Tiger 1". Der Actionfilm aus den 1980er Jahren ist kein klassischer Weihnachtsfilm. Aber für Kai Winkels und seine Kollegen hat sich das Gucken zu einem festen Weihnachtsritual entwickelt.

(NGZ)
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