Prozess Kaarster Lehrer will keine 350 Euro Buße zahlen

Der Prozess gegen den Musiklehrer Phillip Parusel aus Kaarst soll im Februar weitergehen. Im Widerstreit nun: Richter und Staatsanwältin. Während die eine Seite die Anklage fallen lassen möchte, besteht die andere auf eine Geldstrafe. Lehrer Parusel sieht das aber gar nicht ein.

 Der Musiklehrer Phillip Parusel (l.) sitzt im Landgericht Düsseldorf neben seinem Anwalt Andreas Vorster.

Der Musiklehrer Phillip Parusel (l.) sitzt im Landgericht Düsseldorf neben seinem Anwalt Andreas Vorster.

Foto: dpa, mb abl

Der Strafprozess gegen den Neusser Realschullehrer Parusel, der im April 2015 einige Schüler trotz Unterrichtsende nicht aus der Klasse gelassen hatte, droht zur Farce zu werden. Das Amtsgericht Neuss hatte den Musiklehrer (50) im August 2016 wegen Freiheitsberaubung zu 1000 Euro Strafe auf Bewährung verurteilt — wenn er eine Fortbildung zum Umgang mit schwierigen Schülern absolviert.

Dagegen zog der Lehrer am Montag per Berufung vors Düsseldorfer Landgericht. Doch statt das Verfahren hier ohne Auflage einzustellen, wofür die Richter sich klar aussprachen, forderten Staatsanwältin und Verteidigung die Anhörung von noch mehr Zeugen. Der Prozess geht am 6. Februar weiter.

"Dieser Sachverhalt ist denkbar ungeeignet, um vor einem Strafgericht verhandelt zu werden", so der Vorsitzende Richter Rainer Dress. "Man muss sehen, wohin das führt. Die Justiz sollte sich aus bestimmten Lebensbereichen einfach heraushalten!" Doch die Staatsanwältin beharrte darauf, dass der wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung angeklagte Lehrer 350 Euro Buße zahlen müsse, bevor sein Verfahren "wegen geringer Schuld" eingestellt werden könne. Der Lehrer und sein Anwalt verweigerten das.

Vergeblich erinnerte der Richter daran, dass es bei dem Vorfall vom August 2015 "eine gewisse Dynamik gab, die man im Nachhinein nicht mehr erklären kann". Denn in einer Musikstunde, bei der die damalige Klasse 6b mit 26 Schülern auffällig unruhig war, ist dem Lehrer wohl der Geduldsfaden gerissen.

Einige der Schüler gaben im ersten Prozess in Neuss zu, man sei laut gewesen, habe "Faxen" gemacht. Kollektiv verlangte der Pädagoge daher von der ganzen Klasse, einen seitenlangen Text aus dem Internet abzuschreiben. Mit seinem Stuhl habe er sich angeblich in den Türrahmen gesetzt, den Ausgang blockiert und den Schülern auch nach Ende der Stunde das Verlassen des Klassenraums verweigert — bis deren Nacharbeit abgeliefert war. Ein heute 13-Jähriger rief damals per Handy aber die Polizei, die mit drei Beamten die Lage auflöste.

Die Staatsanwältin besteht nun darauf, dass der Lehrer "einsieht, dass sein Verhalten überzogen war". Zumal er laut Anklage einem der Schüler noch einen Knuff in die Magengegend versetzt haben soll. Das Landgericht versuchte im Gegensatz dazu, der aus dem Fall resultierenden Diskussion darüber, was Lehrer als pädagogische Maßnahme noch durchsetzen dürfen und was schon als Straftat zu werten sei, die Schärfe zu nehmen — und das Verfahren schiedlich-friedlich zu beenden.

Nach Anhörung von drei der Schüler regte die Kammer an, die Akte zuzuklappen, den Fall einzustellen. Nach Aussagen der Schüler sei zweifelhaft, "ob die Anklagevorwürfe bestätigt werden". Zumal "niemand zu Schaden gekommen" sei und der Lehrer "kein Sadist ist, der sich eine Freude daraus macht, Schüler zu misshandeln". Falls doch jemand auf einem formellen Urteil bestehe würde, bestünde künftig auch die Gefahr, "dass Schüler gerichtlich nicht nur gegen Zensuren, sondern auch gegen den Unterrichtsstil eines Lehrers vorgehen", urteilte das Gericht.

Neuss: Kaarster Lehrer wegen Strafarbeit vor Gericht
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Kaarster Lehrer wegen Strafarbeit vor Gericht

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Foto: Woitsch�tzke, Andreas

Doch die Staatsanwältin besteht darauf, dass die damals eingesetzten Polizisten und weitere Schüler gehört werden sollen, der Verteidiger des Lehrers beantragte daraufhin, Lehrerkollegen des 50-Jährige zu vernehmen. Ein Urteil rückt damit erst einmal in die Ferne.

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