Kaarst Nahost-Experte ist pessimistisch

Kaarst · Michael Lüders war als Referent zur Vortragsreihe "Dialog Zukunft" geladen.

Michael Lüders ist Nahost-Experte. Im Rahmen der VHS-Vortragsreihe "Dialog Zukunft" zeichnete er ein erschreckendes Bild von der Zukunft des Nahen Ostens. Seine wichtigsten Prognosen vorab: Der Islamische Staat ist in absehbarer Zeit nicht zu stoppen. Das Assad-Regime wird weiter Bestand haben. Ein Ende der Flüchtlingsströme ist nicht in Sicht, im Gegenteil: In Ägypten ist die Lage so angespannt, dass dort ebenso wie derzeit in Syrien ein großer Exodus eintreten könnte.

"Es gibt keine einfachen Wahrheiten. Und es ist schwer, die Akteure in Gut und Böse zu unterteilen": Michael Lüders, der in Berlin lebt und als Politik- und Wirtschaftsberater arbeitet, beschrieb die Situation in der arabischen Welt als nahezu hoffnungslos: "Plurale Strukturen sind dort nicht vorgesehen, Parteien und Parlamente sind nur Fassade und ein sozialer Aufstieg ist nur ganz selten möglich. In Schulen und Universitäten wird nicht gelehrt, selbstständig zu denken." Ägypten, sagt er, sei heute repressiver als jemals zuvor. Der Westen nehme das hin.

Außergewöhnlich hart ging Lüders mit den USA ins Gericht - wegen ihrer aus seiner Sicht völlig verfehlten Politik: "Eigentlich müsste man die Flüchtlinge mit dem Schiff in die USA schicken", sagte der Referent, der das Erstarken des Islamischen Staates auch in Zusammenhang mit der Irak-Invasion der USA sieht. Eindringlich warnte er vor der Entsendung von Bodentruppen nach Syrien: "Darauf wartet der IS nur - ein Guerillakrieg kann nicht gewonnen werden." Der Islamische Staat genieße bei den sunnitischen Stämmen ein gewisses Ansehen. Der "Möchtegern-Sultan Erdogan" kooperiere mit dem IS, weil er in ihm einen Rammbock gegen die Kurden sieht.

Der Referent äußerste sich auch zur aktuellen Flüchtlingsproblematik. Auch an dieser Stelle ging er mit Optimismus sehr sparsam um. Seine Prognose: "Viele syrische Flüchtlinge werden versuchen, ihr Denken in Clan- und Stammesstrukturen zu importieren. Das könnte zu Bandenbildungen führen." Eine Integration in die deutsche Gesellschaft bezeichnete Lüders als Herkulesaufgabe, sie könne gelingen, es gebe aber auch Risiken: So könne die noch gute Stimmung in der Bevölkerung bei einer wirtschaftlichen Krise kippen.

(barni)
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