Kaarst Warum ein Pizzabäcker Obdachlosen Gratis-Pizza spendiert

Kaarst · Nihat Sürer und seine Frau Aynur aus Kaarst-Büttgen hatten viel Glück im Leben. Bei einem schweren Autounfall vor fünf Jahren blieben sie unverletzt. Nun möchten sie anderen in ihrem Restaurant Gutes tun. Dort können Obdachlose und Arme kostenlos Pizza essen.

 Nihat Sürer lädt Bedürftige zur Gratis-Pizza ein. Ausweisen muss sich niemand. "Wer schummelt, muss es mit seinem Gewissen vereinbaren", sagt er.

Nihat Sürer lädt Bedürftige zur Gratis-Pizza ein. Ausweisen muss sich niemand. "Wer schummelt, muss es mit seinem Gewissen vereinbaren", sagt er.

Foto: ati

Nihat und Aynur Sürer wissen, was Glück bedeutet. Vor rund fünf Jahren wurden sie nach einem romantischen Dinner am Vorabend des Valentinstages in den schweren Massenunfall auf der A57 bei Dormagen verwickelt. Das Paar aus Büttgen blieb unverletzt. Noch am Unfallort versprachen sich die beiden in jener Nacht vom 13. auf den 14. Februar 2012 die Ehe - und sind bis heute glücklich miteinander.

"Uns geht es gut. Unser Geschäft läuft. Wir sind gesund. Aber es gibt viele Menschen, die es nicht so gut getroffen haben - und denen möchten wir ein wenig Gutes tun", sagt Nihat Sürer. An der Tür seiner Pizzeria "Don Medici" hängt deshalb ein Schild. "Ab sofort möchten wir auch obdachlosen Menschen beziehungsweise Menschen, die sich keine Pizza leisten können, die Möglichkeit geben, hier in unserem Lokal, gerade jetzt in der kalten Jahreszeit sich hin zu setzen und eine Pizza gratis zu essen", steht darauf. Vor rund vier Wochen hat er es aufgehängt. "Die Idee entstand, als ein Obdachloser ins Restaurant kam und fragte, ob er sich bei einer Tasse Kaffee aufwärmen dürfte. Ich habe ihm angeboten, sich dazu eine Pizza auszusuchen. Das hat er dankbar angenommen und sich ganz herzlich bedankt", erinnert er sich.

Gäste wollen mitmachen und helfen

Er habe schon öfter beobachtet, dass bettelnde Menschen von Gaststätten-Terrassen vertrieben oder von vorbeieilenden Passanten schroff zurück gewiesen werden. "Das tut mir immer leid. Wenn mich jemand um etwas bittet, gebe ich normalerweise auch. Allerdings frage ich die Menschen meist, warum sie auf der Straße leben. Ihre Geschichten sind oft tragisch", erzählt der 42-Jährige, der die Pizzeria an der Bahnstraße seit sechs Jahren mit seiner Frau betreibt.

Das Schild an der Tür habe bisher einige Bedürftige in sein Lokal gelockt. Vor allem seien es aber Menschen gewesen, die selbst spenden wollten. "Viele sind rein gekommen, haben mal zwei Euro, mal fünf gegeben, weil ihnen unsere Idee gefallen hat", sagt Sürer. Inzwischen hat er ein Sparschwein auf dem Tresen stehen, in dem die Gaben gesammelt werden.

"Zum Ende eines jeden Jahres wollen wir sie künftig für einen guten Zweck spenden", so Sürer. Doch damit nicht genug. Der Pizzabäcker, der auch einen Lieferservice anbietet, hat größere Pläne: "Wir werden künftig von jeder ausgelieferten Bestellung 50 Cent in das Sparschwein stecken. Wenn wir pro Abend 20 Fahrten haben, sind das zehn Euro. Da kommt hoffentlich einiges zusammen." Getreu dem Motto "tue Gutes und sprich darüber", will er in seinen neuen Werbe-Flyern auf die Spendenaktion hinweisen. "Ich glaube einfach, dass, wenn jeder von uns einen kleinen Teil dazu beiträgt, Benachteiligten zu helfen, wir insgesamt ein ganzes Stück weiter wären", sagt er.

Die Furcht, dass seine Großzügigkeit ausgenutzt werden könnte, hat der Pizzabäcker übrigens nicht: "Ich vertraue den Menschen. Bei mir braucht niemand seine Bedürftigkeit nachweisen, wenn er eine Gratis-Pizza will. Falls er schummelt, muss er das mit seinem Gewissen vereinbaren."

(NGZ)
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