Kaarst Stadt unterstützt Ausbau von Blindenleitsystem

Kaarst · Der erste Aktionstag der Kaarster Blindgänger konnte Berührungsängste zwischen Blinden und Sehenden abbauen.

 Wilfried stanzt die Vornamen der Kinder in Blindenschrift mit einem Locheisen auf ein Holzbrett. Foto: Tinter

Wilfried stanzt die Vornamen der Kinder in Blindenschrift mit einem Locheisen auf ein Holzbrett. Foto: Tinter

Foto: Werbitzky

Der erste Aktionstag der Kaarster Blindgänger konnte sich wirklich "sehen" lassen: die Stände in der Rathausgalerie waren am Samstag gut besucht. Die kulinarische Versorgung der Besucher hatte das Kunstcafé Einblick übernommen, musikalisch umrahmte die Musikschule Mark Koll das Ganze.

"Schwarz sehen - nicht mit uns" lautete das Motto und dafür hatten die Verantwortlichen der Kaarster Blindgänger - Manuela Dolf und Margaret Reinhardt - einiges auf die Beine gestellt. In ihrem Grußwort versprach Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus, Blindenleitsysteme - notwendige Hilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte, die jetzt immer öfter in Kaarst zu finden sind - weiter zu unterstützen.

Große Plakate informierten über Augenerkrankungen aus der Sicht des Patienten oder gaben Tipps zur richtigen Beleuchtung für Sehbehinderte zu Hause. Raphael Netolitzky stellte zahlreiche Hilfsmittel für Alltag und Beruf vor - Computer vergrößern das Schriftbild nach Bedarf oder lesen zusätzlich den Text vor.

Eine Braillezeile für Windows zehn ermöglicht selbstständiges Arbeiten. Eine sehbehinderte Dame testete ein Farberkennungsgerät - damit konnte sie feststellen, ob ihre Kleidung farblich harmonierte.

Steffi Jakob, durch Krankheit vollkommen erblindet, schrieb auf der als "Butterdose" genannten Blindenschriftschreibmaschine die Namen der Besucher in Braille-Schrift - den lochstreifenähnlichen Ausdruck durfte jeder mitnehmen. Daneben stanzte Wilfried Werbitzky zur Freude der Kinder Vornamen in Blindenschrift mit einem Locheisen aus und übertrug sie auf ein Holzbrett.

Mit den Ohren kann man auch lesen: Marina Brinkmann von der Westdeutschen Blindenhörbücherei in Münster brachten vielen Interessierten dieses weitgehend unbekannte kostenlose Angebot näher, das es bereits seit 1955 gibt.

"Wir haben mehr als 50.000 Bücher aller literarischen Genres", sagte sie und präsentierte die praktischen Boxen, in denen die ausgewählten CDs versendet werden - sie dienen auch zur Rückgabe. Die Hörbücherei verfügt über fünf eigene Studios, die diese Bücher produzieren - ein ärztliches Attest muss zur Ausleihe vorgelegt werden.

Spannend wurde es beim Blindenschach: Michael Beumann trat gegen Schachlehrer Wilhelm Stelter an. Das Besondere: Die schwarzen Felder des Bretts sind erhöht und die schwarzen Figuren haben alle einen Metallpin, um sie von den weißen unterscheiden zu können. Außerdem lässt sich jede Figur feststecken - umgestoßen werden kann nichts. Michael Beumann war jedenfalls sehr angetan: "Ich habe vor langer Zeit gespielt und will es jetzt nochmal ausprobieren", sagte der junge Mann mit stark eingeschränktem Sehvermögen.

Ein Arztvortrag und Informationen zur Orientierung und Mobilität rundeten den Aktionstag ab. Manuela Dolf zeigte sich sehr zufrieden mit dem Verlauf des Aktionstages. Er diente dazu, nicht nur Blinden und Sehbehinderten die vielen Hilfsmöglichkeiten aufzuzeigen, sondern auch dem Abbau von Hemmungen bei "normal" Sehenden, die sich unsicher im Umgang fühlen.

(NGZ)
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