Kaarst Szenen aus dem Leben Martin Luthers

Kaarst · Pop-Oratorium in der St.-Martinus-Kirche zieht gut 500 Zuhörer an. Das Gemeinschaftsprojekt der evangelischen und der katholischen Gemeinde ist ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr der Reformation - und Ausdruck der Ökumene.

 Der Chor auf der Bühne lässt im Laufe des Abends eine enorme Steigerung erkennen - und echte Begeisterung.

Der Chor auf der Bühne lässt im Laufe des Abends eine enorme Steigerung erkennen - und echte Begeisterung.

Foto: G. Salzburg

Martin Luther hätte es gefallen: Der Altarraum der katholischen Pfarrkirche Sankt Martinus wird dominiert von einem mächtigen Bühnenaufbau, Lichtinstallationen zucken an der Decke, die Wände sind in farbiges Licht getaucht. Die Kirche erbebt unter der Musik der vielen Mitwirkenden die Premiere des Pop-Oratoriums Luther von Dieter Falk und Michael Kunze. Diese Inszenierung am Samstagabend ist ein voller Erfolg.

Dem voll besetzten Auditorium werden zum 500. Reformationsjubiläum modern aufbereitete Szenen aus Luthers Leben präsentiert. Das Oratorium konzentriert sich auf das Jahr 1521, in dem der streitbare Mönch vor den Wormser Reichstag zitiert wird, um seine kritischen Äußerungen vor allem zum Ablasshandel zu widerrufen.

In zwanzig Szenen unterteilt, bringen Solisten, Chor, Band und Orchester das Werk weitestgehend überzeugend zu Gehör. Die Musiker der Band und des Orchesters begleiten die Sänger sicher durch die Aufführung. Dirigiert werden sie genauso sicher vom evangelischen Kantor Wolfgang Weber. Sein katholischer Kollege Dieter Böttcher hat die vielen Chorsänger fest im Blick - der Chor lässt im Verlauf des Abends eine enorme Steigerung erkennen, und die Begeisterung ist den Sängern ins Gesicht geschrieben. Die elf Solisten sind text- und stimmsicher und zeigen eine mitreißende Performance.

Alle überstrahlt Paul Köninger in der Titelrolle. Der Zwanzigjährige rockt die gesamte Kirche, und seine Stimme erreicht mühelos auch die letzten Winkel des Kirchenschiffs. Seine Mimik vermittelt den Eindruck, als sei er Luther selbst.

Stellenweise wird der mehrstimmige Chorgesang, der eher als einstimmig wahrgenommen werden kann, von der Band übertönt. Das geht auf Kosten des Textverständnisses. Der Funke zum Publikum springt trotzdem rasch über: Es begleitet die Sänger mit rhythmischem Klatschen.

Fast noch wichtiger: Das Ganze ist ein Gemeinschaftsprojekt der evangelischen und katholischen Gemeinden in Kaarst. Alle kirchlichen Chöre nehmen daran teil, entweder geschlossen oder vertreten durch einzelne Mitglieder. Bei drei Aufführungen wirken insgesamt 300 Sänger mit.

Luther, der die Kirche nie spalten wollte, fungiert im Jubiläumsjahr als "sozialer Klebstoff", der Menschen in Kaarst zusammenbringt und die Grenzen zwischen den Konfessionen auflöst. In der Pause genießen die Zuhörer auf dem Kirchplatz die Atmosphäre des rot angestrahlten Gotteshauses und die Angebote des Caterings vom "Alten Rathaus" gegenüber. Der zweite Teil endet im furiosen Finale mit Luthers ewig aktueller Botschaft, selbst zu denken und sein Gewissen nur nach Gott auszurichten.

Das Publikum spendet stehend begeistert Beifall- die Akteure wiederholen unter anderem das Lied "Wir sind alle Gottes Kinder". Das erschallt schließlich aus allen Kehlen. Schön zu sehen, wie sich Dieter Böttcher und Wolfgang Weber am Ende "abklatschen" und übers ganze Gesicht strahlen - eine befreiende Geste nach monatelanger Probenarbeit.

(NGZ)
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