Kaarst Thomas Freitag erzählt von Kreisverkehr und Todesfall

Kaarst · Der Kabarettist begeisterte im Albert-Einstein-Forum.

 Der Kabarettist Thomas Freitag gastierte mi seinem aktuellen Programm im Einstein-Forum.

Der Kabarettist Thomas Freitag gastierte mi seinem aktuellen Programm im Einstein-Forum.

Foto: jkn

Udo Jürgens sang einst: "Mit 66 Jahren ist doch lang' noch nicht Schluss". Thomas Freitag ist 66 Jahre. Dass er sein Pulver als Kabarettisten-Urgestein längst noch nicht verschossen hat, wurde jetzt im Albert-Einstein-Forum wieder deutlich. Freitag, der auch ausgebildeter Schauspieler ist, bringt sehr viel ein: Sein analytisches Denken, seine Parodie-Künste, seine humanistische Bildung und vor allem und seine enorme Spielfreude.

"Europa, der Kreisverkehr und ein Todesfall" heißt sein aktuelles Programm. Von Thomas Freitag ist zunächst nichts zu sehen, auf der Bühne: eine Bank und ein Bushaltstellen-Schild. Aus den Lautsprechern tönt Verkehrslärm, dann ein Geräusch, das auf einen schweren Unfall deutet - ein Unfall, dem der EU-Beamte Peter Rübenbauer zum Opfer fallen soll: Ausgerechnet der Beamte, der in Europa für Kreisverkehre zuständig ist, stirbt in einem.

Keine Frage: Für Thomas Freitag ist das eine Metapher, in seinen Augen wird die EU gerade vor die Wand gefahren. Er beklagt Egoismen und schlüpft in die unterschiedlichsten Rollen. Einzelne Sketche, von einem Barhocker herab erzählt, das ist nicht das Ding des barocken Kleinkunst-Fürsten: Er bietet seinem Publikum eine Geschichte und versteht es sogar, Lokalkolorit einzustreuen.

Im Zusammenhang mit den Verdiensten der alten Römer weist er auf Erfindungen wie Wasserleitungen hin und auf einen römischen Friedhof bei Neuss: "Nach 20 Uhr ist diese Friedhofsstimmung in Neuss noch nachvollziehbar." Thomas Freitag verteufelt Gewinnmaximierung und Ausbeutung, nennt Postsendungen von Amazon "Ekelpakete". Herrlich, wie er die Rolle des evangelischen Selbstmordattentäters ausfüllt: Sein Sprengstoffgürtel besteht aus ausgelatschten Birkenstock-Sandalen, bestückt mit Wollsocken, die seit der Friedensbewegung nicht mehr gewaschen wurden. Seine Hoffnung: 36 Sozialpädagoginnen mit selbstgestrickten Pullis im Himmel. "Der Evangele kann zur Not auch ganz allein eine Menschenkette bilden", lästert Freitag, der den Evangelischen und den Calvinisten vorwirft, das Leistungsprinzip in die Welt gebracht zu haben. Er verlangt mehr Toleranz gegenüber Müßiggängern in der EU - Jesus habe ja auch nicht gearbeitet.

(NGZ)
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