Kaarst Verband sieht die Existenz des Radsports in NRW gefährdet

Toni Kirsch ist eine rheinische Frohnatur. Doch das Lachen ist dem Bergheimer in seiner Eigenschaft als Präsident des Radsport-Verbandes Nordrhein-Westfalen seit einigen Tagen vergangen.

Genauer gesagt, seit er am vergangenen Donnerstag "auf Umwegen" von der Absicht der Stadt Kaarst erfuhr, das Sportforum an der Büttgener Olympiastraße für den Trainings- und Wettkampfbetrieb zu schließen, um dort kurzfristig bis zu 150 Flüchtlinge unterzubringen. Toni Kirsch möchte nicht missverstanden werden: "Natürlich muss diesen Menschen schnellstmöglich geholfen werden." Doch er sagt auch: "Ich glaube, dass den Verantwortlichen in Kaarst Tragweite und Konsequenzen einer solchen Entscheidung nicht bewusst sind."

Ihm stehen sie hingegen klar vor Augen: "Es gibt nur zwei überdachte und damit ganzjährig nutzbare Radrennbahnen in Deutschland. Fällt die in Büttgen weg, ist die Existenz des Radsports als Leistungssport in NRW gefährdet." Kirsch, auch Vize-Präsident Jugend im Bund Deutscher Radfahrer (BDR), macht das an zwei Dingen fest. Zum einen der Nachwuchsförderung: Büttgen ist Landesleistungsstützpunkt sowie Standort für Talentsichtung und Talentförderung. "Und die findet von jetzt bis ins Frühjahr hinein fast ausschließlich auf der Bahn statt", weiß Kirsch.

Da sind zum anderen die drei NRW-Olympiahoffnungen Mieke Kröger (Bielefeld), Lucas Liß (Unna) und Nils Schomber (Grevenbroich), die wie weitere Nationalfahrer regelmäßig in Büttgen trainieren. "Für sie stehen in den nächsten Monaten die entscheidenden Qualifikationsrennen an", sagt Kirsch. Bleibt das Sportforum geschlossen, sieht er ihre Olympiateilnahme gefährdet.

Mit einschneidenden Konsequenzen nicht nur für die drei Talente: "Ohne Olympiastarter bekommen wir keine Zuschüsse und Fördermittel mehr. Unser ganzes Leistungssportkonzept, unsere ganze Arbeit der vergangenen zehn Jahre war dann für die Katz'."

Weil er das nicht kampflos hinnehmen will, hat der NRW-Präsident in den vergangenen Tagen eifrig Korrespondenz geführt: Von BDR-Präsident Rudolf Scharping über Landessportbund-Chef Walter Schneeloch bis hin zu der für den Sport in NRW zuständigen Ministerin Ute Schäfer hat er alle über seine Zukunftsängste in Kenntnis gesetzt. Friedhelm Julius Beucher, den Präsidenten des Deutschen Behindertensportverbandes, nicht zu vergessen, "denn die paralympischen Radsport-Disziplinen führen 90 Prozent ihrer Trainingsmaßnahmen in Büttgen durch."

Unterstützung erhält er von Thomas Lang. "Der Sport tut so viel für Integration und Inklusion", sagt der Vorsitzende des Sportbundes Rhein-Kreis Neuss, "da kann man doch nicht ausgerechnet ihm die Basis entziehen." Sieben Sporthallen werden zur Zeit im Rhein-Kreis als Flüchtlingsunterkünfte genutzt, "Tendenz steigend", sagt Lang, "doch das Sportforum hat eine besondere Qualität: Es ist einmalig in Deutschland."

(NGZ)
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