Kaarst/Düsseldorf Wegen Behinderung gekündigt?

Kaarst/Düsseldorf · Die Stadt Düsseldorf hat einem Kaarster gekündigt, der am Asperger-Syndrom leidet. Der 19-Jährige klagt dagegen: Er habe seine Arbeit gut gemacht. Trotzdem habe er sich dumme Sprüche von seinem Ausbilder anhören müssen.

 Rechtanwältin Sabine Kilper vertritt ihren Mandanten Patrick am Dienstag vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf.

Rechtanwältin Sabine Kilper vertritt ihren Mandanten Patrick am Dienstag vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf.

Foto: A. Woitschützke

Patrick* hatte alles, was er sich wünschte: einen soliden Realschulabschluss (Schnitt 2,7), eine Ausbildungstelle zum Verwaltungsfachangestellten in Düsseldorf und Spaß bei der Arbeit. Im August 2010 hat er seine Stelle im IT-Bereich des Amtes für Gebäudemanagement angetreten. "Sie glauben gar nicht, wie glücklich er jeden Morgen zur Arbeit gegangen ist", sagt seine Muter.

Doch damit war es schon nach drei Monaten wieder vorbei: Sein Arbeitgeber, die Stadt Düsseldorf, kündigte dem 19-Jährigen, der am Asperger-Syndrom (einer milden Form des Autismus, siehe Info) leidet, innerhalb der Probezeit. Aus Sicht von Patrick, seinen Eltern und seiner Anwältin Sabine Kilper war das nicht rechtens. Denn dass Patrick am Asperger-Syndrom leidet, habe die Stadtverwaltung von Anfang an gewusst; die Hürden im Bewerbungsverfahren hatte Patrick ebenfalls genommen. Dennoch habe die Stadt argumentiert, dass Patrick aufgrund seiner Erkrankung nicht geeignet für die Ausbildung sei, berichten seine Eltern. "Jetzt ist er natürlich am Boden zerstört", sagt der Vater.

Patrick erlebte auch Dinge, die aus Sicht seiner Eltern und Anwältin an Diskriminierung grenzen: "Asperger-Autisten kann man nicht aus den Augen lassen, die stecken einem hinter dem eigenen Rücken das Haus an" — solche und ähnliche Aussagen habe sich Patrick von seinem Ausbilder anhören müssen. Außerdem habe der 27-jährige Ausbilder Patrick direkt gesagt, er sei der erste Azubi, der die erste Phase der Ausbildung bei ihm absolviere und so richtig wisse er daher nicht, welche Aufgaben er ihm geben solle.

Von der Gleichstellungsstelle der Stadt und dem Obmann für die Belange von Behinderten habe Patrick keine Hilfe bekommen, klagen seine Eltern. "Ich habe den Eindruck, die Verwaltung hat gemerkt: ,Oh, das ist ja doch aufwendiger als gedacht' und gekündigt", sagt Kilper. Denn aufgrund seiner Erkrankung brauche Patrick mehr Ansprache als Nicht-Erkrankte. "Asperger-Autismus tritt sehr unterschiedlich auf", bestätigt Martina Krause vom Landschaftsverband Rheinland (LVR). "Es gibt viele Erkrankte, die erfolgreich auf dem ersten Arbeitsmarkt sind." Das wollte Patrick auch sein.

Kilper wirft der Stadt Düsseldorf, die sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern will, nun vor, die rechtlichen Fördermittel nicht ausgeschöpft zu haben. So ist es etwa möglich, eine Arbeitsassistenz einzusetzen, eine Person, die Patrick begleitet und je nach Bedarf anleitet. Die und eine Reihe ähnlicher unterstützender Maßnahmen würden oftmals sogar vom LVR bezahlt, wie der Verband bestätigte "Auch vor dem Hintergrund, dass der öffentliche Dienst eine Vorbildfunktion hat, ist das Verhalten der Stadt nicht hinnehmbar", sagt Anwältin Kilper. Am Dienstag wird Patricks Fall vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf verhandelt. Er klagt auf Wiedereinstellung — dann mit Arbeitsassistenz.

*Name geändert und der Redaktion bekannt.

(NGZ)
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