Kamp-Lintfort/Alpen Abgeordneter als Praktikant auf dem Bau

Kamp-Lintfort/Alpen · 49 Jahre gibt es das Alpener Bauunternehmen Müller GmbH & Co.KG schon, und in dieser Zeit sind dort viele Praktikanten beschäftigt gewesen. Ein echter Landtagsabgeordneter war allerdings bisher noch nie darunter.

 Kelle und Mörtel: Für den gelernten Journalisten René Schneider (rechts) ein neues Handwerkszeug. Nachdem sich der Landtagsabgeordnete bereits für jeweils einen Tag als Packer bei Amazon, Pfleger in ein Senioreneinrichtung sowie als Spargelstecher auf dem Feld verdingt hatte, zog es ihn diesmal auf den Bau.

Kelle und Mörtel: Für den gelernten Journalisten René Schneider (rechts) ein neues Handwerkszeug. Nachdem sich der Landtagsabgeordnete bereits für jeweils einen Tag als Packer bei Amazon, Pfleger in ein Senioreneinrichtung sowie als Spargelstecher auf dem Feld verdingt hatte, zog es ihn diesmal auf den Bau.

Foto: Erdmann

Die dafür nötigen Kontakte zu dem Alpener Bauunternehmer Michael Müller knüpfte er im Januar bei einer Veranstaltung der Weseler Kreishandwerkerschaft, bei der es um die Zukunft des Handwerks in Nordrhein-Westfalen ging. "Ich war dort als Mitglied einer NRW-Enquete-Kommission, die sich seit zwei Jahren genau mit diesen Thema beschäftigt hatte", erinnerte sich René Schneider. "Und da habe ich Michael Müller einfach gefragt, ob er mich nicht für einen Tag in seiner Firma beschäftigen könnte." Das konnte er, wenn auch mit einer gewissen Vorsicht. René Schneider war als studierter Journalist und Politikwissenschaftler nicht gerade der geeignetste Praktikumskandidat für eine größere Baustelle. Der Bau von Garagen auf dem Gelände des Kamp-Lintforter Schlosses Dieprahm erschien ihm dagegen als ganz passend. So stand der eigentlich in fast unmittelbarer Nachbarschaft der Baustelle wohnende René Schneider denn kurz nach sechs Uhr morgens auf dem Alpener Gelände von Michael Müllers Baugesellschaft bereit, um mit den Bauarbeitern der Dieprahmer Garagen gemeinsam wieder zurück nach Kamp-Lintfort zu fahren. "Das war mir wichtig, weil ich mich in dieser Zeit schon mal mit meinen Tageskollegen bekannt machen und mit ihnen ins Gespräch kommen konnte", begründete er seine auf den ersten Blick eher unnötige Anreise. Eine im Nachhinein jedoch sehr gute Entscheidung, denn schon in der Frühstückspause offenbarten ihm seine neuen "Kollegen" so manch eine ihrer vielfältigen Zukunftssorgen, wie zum Beispiel "die Rente mit 67", die "für viele Bauarbeiter rein körperlich gar nicht zu schaffen sei" oder die "Unmöglichkeit" bei größeren Familienverpflichtungen überhaupt noch etwas fürs Alter zurück zu legen. Darüber hinaus hatte Schneider auf der Dieprahmer Baustelle auch noch die Gelegenheit, einen jungen Asylbewerber aus Eritrea kennenzulernen, der bei der Alpener Baufirma Müller ein allerdings längeres Praktikum als René Schneider verrichtet. Dennoch standen sich, als es darum ging, mit einem speziellen Rührgerät eine Ladung Fertigmörtel zu quirlen, Yonas Yohans aus Eritrea und der Landtagsabgeordnete aus Kamp-Lintfort in nichts nach.

Das fand auch Bau-Chef Michael Müller. Er bot René Schneider am Ende seines eintägigen Praktikums spontan eine Lehrstelle in seiner Firma an. Und auch Baustellenkollege Frank Ewald war sicher: "Das hat der Schneider mit Sicherheit schon mal gemacht."

(RP)
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