Kamp-Lintfort Afghanischer Filmemacher wird Optiker

Kamp-Lintfort · Sayed Islam Sadat hat eine Ausbildung zum Augenoptiker bei Blickwinkel in Kamp-Lintfort begonnen. Er floh vor zwei Jahren aus Afghanistan nach Deutschland, weil sein Film "Ethics of Love" durch die Taliban-Zensur fiel.

 Wegen eines Film über eine unerlaubte Liebe wurde Sayed Islam Sadat in seiner Heimat verfolgt. Jetzt hat er am Niederrhein Fuß gefasst.

Wegen eines Film über eine unerlaubte Liebe wurde Sayed Islam Sadat in seiner Heimat verfolgt. Jetzt hat er am Niederrhein Fuß gefasst.

Foto: Christoph Reichwein

Sein Film "Ethics of Love" macht derzeit die Runde am Niederrhein. Er war in Rheurdt und Rheinberg zu sehen. Am Donnerstag wurde er im Sonsbecker Kastell gezeigt. Die nächste Gelegenheit, "Verbotene Liebe", wie sein Streifen auf Deutsch heißt, zu sehen, besteht am Freitag, 17. November, um 19 Uhr im Kriemhildssaal im Xantener Nibelungenmuseum. Darin spielt Sayed Islam Sadat, der auch Autor und Produzent ist, einen jungen Muslim namens Samir, der sich in Kabul in die junge Hindu namens Simran verliebt. Das ruft im Film die verfeindeten Familien auf den Plan, wie beim Shakespeare-Klassiker Romeo und Julia. In der Wirklichkeit ließ das außerdem die stillen Machthaber in der afghanischen Hauptstadt aufs Tableau kommen, wahrscheinlich auch, weil sich der Film neben der jungen Liebe um die Korruption in Afghanistan dreht.

Nachdem 2013 einige Journalisten den Streifen gesehen hatten, um darüber positiv im Fernsehen zu berichten, bekam der Vater von Sayed Islam Sadat seinen ersten Besuch von Taliban-Freunden. "Sie haben ihm gesagt, ich solle den Film nicht öffentlich zeigen", erzählt der 26-jährige Filmemacher, während er immer vermeidet, das Wort Taliban über seine Lippen schreiten zu lassen. "Ein Muslim dürfe sich nicht in eine Hindu verlieben."

Der Kabuler riskierte es nicht, den Streifen ein zweites Mal vorzustellen "Sie töten Menschen für viel einfachere Dinge", stellt der junge Mann nüchtern fest.

Im August 2015 flog er von Afghanistan in die Türkei, um über Griechenland, Mazedonien und Österreich Deutschland zu erreichen. Ende 2015 kam er nach Alpen, wo er die Unterstützung der Flüchtlingshilfe schnell zu schätzen lernte.

"Die Flüchtlingshilfe hat mir einen Deutsch-Integrationskurs finanziert", blickt der Wahl-Alpener zurück. "Ein solcher Kurs steht einem Flüchtling aus Afghanistan nicht sofort zu."

Über Ursula Arens, eine Aktive der Flüchtlingshilfe Alpen, kam er mit Astrid Tersteegen in Kontakt. "Sie ist eine sehr gute Kundin von mir", erzählt die 51-jährige Augenoptikermeisterin aus Hoerstgen, die in Kamp-Lintfort und Issum unter dem Namen "Blickwinkel" Brillen verkauft, anpasst und repariert. "Im April war Sayed Islam Sadat drei Tage bei uns im Geschäft und in der Werkstatt. Im August hat er die Ausbildung zum Augenoptiker angefangen. Seine Ausbildung zum Bankkaufmann in Afghanistan wurde hier nicht akzeptiert, genauso wenig sein Abitur und sein Führerschein."

Deshalb hat der Alpener kein Auto. So fährt er jeden Morgen mit dem Zug von Alpen nach Moers, um mit dem Bus nach Kamp-Lintfort zu kommen, wo er zurzeit vor allem in der Werkstatt arbeitet. "Welcher Auszubildende nimmt schon drei Stunden Fahrt in Kauf?", freut sich Reinhard Tersteegen über den Einsatz von Sayed Islam Sadat. "Wir sind mit ihm sehr zufrieden." Gleichzeitig ist der Auszubildende seiner Chefin mehr als dankbar. "Sie hat mir diese Chance gegeben", sagt der gelernte Bankkaufmann, der sein Deutsch noch nicht für perfekt hält. "Hier herrscht eine sehr nette Atmosphäre, mit ihr und den Kolleginnen."

Wenn er die Ausbildung abgeschlossen hat, will er als Augenoptiker arbeiten. Außerdem hat er den Plan, einen zweiten Film drehen. Die Idee dazu steckt bereits in seinem Kopf. Die Beziehung einer Mutter zu ihrem Sohn soll im Mittelpunkt stehen.

(got)
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