Serie Hochschule Rhein-Waal Auf dem Weg zur digitalen Verwaltung

Moers · Auf vielen Schreibtischen türmen sich in Rathäusern noch immer die Aktenberge. Doch die Zukunft in den Verwaltungen ist digital. An der Fakultät Kommunikation und Umwelt in Kamp-Lintfort lernen Studenten im Fach E-Government, wie sie innovative IT-Lösungen für Verwaltungen und Wirtschaft entwickeln können - und das seit Gründung der Hochschule Rhein-Waal im Jahr 2009.

 Timo Kahl, der in Saarbrücken in Wirtschaftsinformatik promoviert hat, bildet Studenten in Wirtschaftsinformatik aus.

Timo Kahl, der in Saarbrücken in Wirtschaftsinformatik promoviert hat, bildet Studenten in Wirtschaftsinformatik aus.

Foto: Reichwein

Etwa 35 junge Leute entscheiden sich jeweils im Wintersemester an der Hochschule für E-Government als Studienfach. Es könnten gerne mehr sein. Der Kamp-Lintforter Studiengang ist für etwa 50 Studenten pro Jahrgang ausgelegt. "Der Bedarf an Nachwuchskräften sowohl in öffentlichen Verwaltungen als auch in Unternehmen ist immens groß. Fachleute werden händeringend gesucht", betont Professor Timo Kahl, der den Studiengang an der Fakultät leitet.

"Absolventen haben auf dem Arbeitsmarkt sehr gute Aussichten." Kahl, der studierter Wirtschaftsingenieur ist und in Saarbrücken in Wirtschaftsinformatik promoviert hatte, ist seit 2015 Professor an der Hochschule Rhein-Waal. Zuvor war er mehrere Jahre in der Industrie tätig. Die Ausbildung der Studenten ist ebenso praxisnah. "Wir bekommen Anfragen von Unternehmen und Stadtverwaltungen. Daraus entstehen Projekte, die die Studenten eigenständig umsetzen.

Für das nordrhein-westfälische Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport haben Studenten zum Beispiel ein Konzept für eine neue Intranet-Seite erarbeitet", berichtet Timo Kahl. Die Studenten sind in solchen Projekten aufgefordert, sich selbst zu organisieren und Ideen zu entwickeln. "Wir Professoren stehen ihnen lediglich als Coaches zur Seite", erläuterte der Professor, der Wirtschaftsinformatik lehrt, im RP-Gespräch.

Ein weiteres Projekt realisierte die Hochschule beispielsweise mit der Stadt Dorsten. "Studenten haben eine App entwickelt, über die Bürger auf Beschädigungen im Stadtgebiet hinweisen können", erläutert Kahl und zeigt die Seite im Internet. Rege ist auch die Zusammenarbeit des Studiengangs mit der Stadt Moers im Bereich Open Data. Die Kamp-Lintforter Nachbarstadt stellt bereits seit einiger Zeit offene Daten aus verschiedenen Bereichen der Verwaltung auf ihre Homepage zur freien Verfügung.

Im Studiengang E-Government liegt zurzeit daher auch ein Fokus auf dieses Thema. "Es geht unter anderem um Visualisierungskonzepte, also um die Frage, wie man offene Daten aufbereiten kann." Auch die E-Akte, die elektronische Datenablage, ist ein Thema in den Verwaltungen. "Unsere Studenten werden sich mit der Frage befassen, wie ein Verwaltungsarbeitsplatz zukünftig aussehen kann." Timo Kahl plant, an der Fakultät Kommunikation und Umwelt ein E-Government-Labor einzurichten, in dem Studenten zusammen mit Vertretern von Behörden, der Landesregierung und Unternehmen solche IT-Projekte entwickeln können.

Das Labor mit PC, Laptops und Tablets soll im Laufe dieses Jahres aufgebaut werden. Absolventen des Studiengangs sind in der Lage, gebrauchstauglichen Softwarelösungen, Produkte und Dienste zu planen und zu entwickeln. Deshalb sind sie nicht nur in Verwaltungen, sondern auch in Unternehmen und Wirtschaft gefragte Mitarbeiter. Das E-Government-Studium dauert sieben Semester und ist deutschsprachig.

In den ersten drei Semestern lernen die Studenten die notwendigen Grundlagen der Informations- und Kommunikationstechnologie kennen. Sie befassen sich mit analytischen und methodischen Instrumenten wie zum Beispiel der Modellierung von Prozessen. Gestaltung von Informationssystemen, Programmierung sowie rechtliche und gesellschaftliche Aspekte spielen ebenso eine Rolle im Studium. Im vierten und fünften Semester steht die Praxis im Mittelpunkt.

Die Studenten erarbeiten in Projekten Lösungen für verschiedene Anforderungen in Verwaltungen und arbeiten interdisziplinär zusammen. Im sechsten Semester absolvieren sie ein Praxissemester. Kahl: "Oder sie entscheiden sich für ein Auslandssemester."

(RP)
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