Kamp-Lintfort Beruf: Flüchtlingshelfer

Kamp-Lintfort · Acht Alltagsbegleiter unterstützen seit Oktober in einem Pilotprojekt von Sozialamt und Jobcenter Flüchtlinge dabei, sich in Kamp-Lintfort zurechtzufinden. Ihr Fazit fällt positiv aus.

Kamp-Lintfort: Beruf: Flüchtlingshelfer
Foto: Christoph Reichwein

Vertrauen schaffen, das ist die Arbeitsbasis der acht Alltagsbegleiter. "Anders würde unsere Arbeit nicht funktionieren", sagt Eddy Khajjou. "Wir sind die Brücke zwischen den Kulturen." Seit Oktober unterstützen Khajjou und sieben weitere Alltagsbegleiter Flüchtlinge dabei, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Es ist ein Pilotprojekt, das Sozialamt und Jobcenter initiiert hatten. Und es trägt Früchte. "Es hat sich unter den Flüchtlingen schnell herum gesprochen, dass man bei uns Hilfe findet. Sie sind ja alle vernetzt", betont Alltagsbegleiterin Christian Fillgert.

Die blauen Mappen, die das Team für die Flüchtlinge mit allen wesentlichen und notwendigen Papieren als praktische Hilfe zusammenstellt, sind im Kreis Wesel schon bekannt. "Wir werden oft darauf angesprochen", sagt Christiane Fillgert, die ebenso wie Eddy Khajjou nach drei Monaten ein positives Fazit zieht. "Anfangs ist es immer schwer, bis man in einem neuen Bereich Fuß fasst", sagen sie. "Aber wir haben uns schnell organisiert. Und das ist uns so gut gelungen, dass uns das Sozialamt bereits mit weiteren Aufgaben betraut hat", erklärten sie stolz.

Das Besondere dieses Pilotprojekts ist, dass die meisten der Kamp-Lintforter Alltagsbegleiter selbst aus Syrien, Guinea, Marokko, aus dem Iran und dem Kongo stammen und aus eigener Erfahrung wissen, wie das Ankommen in einem fremden Land ist. Und sie kennen die Hürden, die bei der Integration zu nehmen sind. Eddy Khajjou ist zum Beispiel in Casablanca aufgewachsen. "Ich bin 1979 als Kind nach Deutschland gekommen", erzählt er. Bevor er zu den Alltagsbegleitern stieß, engagierte er sich bei der Caritas in der Flüchtlingshilfe. "Ich wusste, welche Aufgaben auf mich zukommen", sagt der ausgebildete Modellschreiner. Im Team ist er immer dort zur Stelle, wenn es um die Sprache geht. Er spricht deutsch, englisch, französisch, arabisch und berbisch. Er hilft als Übersetzer bei Arztbesuchen und den notwendigen Behördengängen. "Die Menschen sind einfach nur dankbar dafür."

Die Wege führen zu Krankenkasse, Ausländeramt, Standesamt und Meldebüro. "Wir haben uns inzwischen alle spezialisiert und die Aufgaben aufgeteilt", erläutert Christiane Fillgert, die sich im Team der Verwaltung und Organisation angenommen hat. Sie kommt beruflich ursprünglich aus dem IT-Bereich. "Ich habe lange in der freien Wirtschaft gearbeitet und wollte gerne in den öffentlichen Dienst zurückkehren", sagt sie. Aus der Zeitung erfuhr sie, dass in Kamp-Lintfort Alltagsbegleiter gesucht wurden. "Das hat mich interessiert, weil ich gerne mit Menschen zu tun habe", erklärt sie. Kollegin Benedicte Ngongo hat sich die Hausbesuche zur Aufgabe gemacht, ein anderer Alltagsbegleiter kennt sich mit allen Fragen zum Thema Krankenkasse bestens aus. "Wir wollen den Flüchtlingen nichts aufzwingen, jedoch Präsenz zeigen. Deswegen finden die Hausbesuche statt", erklärt Christiane Fillgert die aufsuchende Arbeit. "Wir schauen, ob alles in Ordnung ist, und erläutern auch alltägliche Regeln - zum Beispiel dass wir in Deutschland den Müll trennen, in Mehrfamilienhäusern eine Kehrpflicht gibt und Ruhezeiten einzuhalten sind." Großes Lob haben die Alltagsbegleiter für das Sozialamt parat. "Wir erhalten jede Unterstützung. Gleichzeitig lässt man uns freie Hand." Die Arbeit der Alltagsbegleiter ist aber nicht nur bürokratisch. "Wir haben Mini-Projekte realisiert, in denen die Flüchtlinge das Leben in Deutschland besser kennenlernen sollen", erzählt Christiane Fillgert. Es stand ein gemeinsamer Besuch im Schwimmbad genauso auf dem Programm wie Koch- und Schachabende. Eddy Khajjou lud zu einem Bummel auf dem Weihnachtsmarkt an.

Während diese Angebote immer stärker wahrgenommen würden, ist es den Alltagsbegleitern noch nicht gelungen, die erwachsenen Flüchtlinge so richtig für die deutsche Vereinskultur zu begeistern. "Sie ist den meisten doch fremd", erzählen Fillgert und Khajjou. Er würde es sich wünschen, wenn Flüchtlinge viel schneller die Möglichkeit bekämen, eine Arbeit aufzunehmen oder ein Praktikum zu absolvieren."

Ein Thema, das die Alltagsbegleiter aktuell beschäftigt, ist die Abnabelung der Schützlinge, die sich inzwischen eingelebt haben. Einige leben bereits seit zwei Jahren in Kamp-Lintfort. Christiane Fillgert: "Es ist zwar immer schwierig, loszulassen, aber sie müssen lernen, hier selbstständig zu leben."

(RP)
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