Kamp-Lintfort Bunte Riesen: Stadt sichert Mietern Hilfe zu

Kamp-Lintfort · Die Stadt Kamp-Lintfort informierte die Mieter erstmals über die Pläne, die sie nach dem Zuschlag bei der Zwangsversteigerung verfolgt. Sorgen und Vorwürfe wurden laut. Keiner werde auf die Straße gesetzt, versicherte der Bürgermeister.

 Ein Blick auf die "Bunten Riesen", die nach den Vorstellungen der Stadt kleineren, attraktiveren Häusern weichen sollen.

Ein Blick auf die "Bunten Riesen", die nach den Vorstellungen der Stadt kleineren, attraktiveren Häusern weichen sollen.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Dicke Luft herrschte gestern Abend im Kamp-Lintforter Ratssaal im doppelten Sinne: Zahlreiche Menschen füllten die Sitzreihen, viele fanden nur noch Stehplätze bei der ersten Info-Veranstaltung, die die Stadt für die Mieter der "Bunten Riesen" organisiert hatte. Und die Stimmung unter den Gästen war alles andere als gut. Wussten sie doch, dass sie ihre Wohnungen in absehbarer Zeit räumen müssen, weil die Stadt ihre Häuser abreißen und neue, kleinere Gebäude errichten will. Bürgermeister Christoph Landscheidt skizzierte die Pläne, mit denen das Stadtzentrum attraktiver gestaltet werden soll. Die "Bunten Riesen" gelten als heruntergekommene Schandflecke im Zentrum. Deshalb hatte sich die Stadt im Zwangsversteigerungsverfahren um den Zuschlag bemüht - ihn schließlich bekommen.

 Bürgermeister Christoph Landscheidt (links) beantwortete gestern im Ratssaal Fragen der Mieter.

Bürgermeister Christoph Landscheidt (links) beantwortete gestern im Ratssaal Fragen der Mieter.

Foto: klaus dieker

Wann den gut 100 Mietern - viele betagt, behindert, arbeitslos - gekündigt wird, konnte Landscheidt gestern noch nicht sagen. Im Sommer erwarte man die Fördergelder vom Land, mit deren Hilfe die Pläne umgesetzt werden. Dann wolle man sich auf Termine verständigen. Auf viele besorgte Nachfragen hin versicherte Landscheidt aber: "Wir werden keinen von Ihnen auf die Straßen setzen." Selbst wenn die Kündigung einen Tag X als Ultimatum nennt, müsse niemand seine Wohnung räumen, wenn die Stadt nicht in der Lage sei, ihm eine adäquate Ersatzwohnung zur Verfügung zu stellen. Dass die Suche nach Ersatzwohnraum sehr schwierig werde, sei ihm klar, sagte der Bürgermeister. In Kamp-Lintfort gebe es nur wenige Wohnungs-Leerstände, vor allem mangle es an kleinen Wohnungen.

Landscheidt sagte zu, dass die Umzugskosten (auch für Umzuge über Kamp-Lintforts Grenzen hinaus) übernommen werden und dass nicht nur die Stadt, sondern auch die Diakonie, der Mieterschutzbund und das Jobcenter den Mietern mit Rat und Tat zur Seite stehen wollen. Und er machte auf Nachfrage eines Gastes klar, dass selbstverständlich auch diejenigen Mieter von allen Hilfen profitieren können, die nicht auf die Kündigung warten, sondern von sich aus schon früher ausziehen: "Wir sind für jeden dankbar, der das aus eigener Initiative macht." Eine Äußerung, die ein Mann vor dem Hintergrund des Wohnungsmangels in der Stadt als "Frechheit" bezeichnete. "Auf Kosten der Sozialschwachen wird ein Luxusobjekt hochgezogen", kritisierte er die Pläne der Stadt und sprach damit die Meinung vieler aus.

Auch Landscheidt machte aus seinem Herzen keine Mördergrube. Er habe sich schließlich nicht darum gerissen, "ein Haus zu räumen, dass in vielen Teilen nicht mehr bewohnbar ist", sagte er. Angesichts des Zustands der Hochhäuser betreibe die Stadt nicht mehr und nicht weniger als Schadenbegrenzung. Man wolle den Mietern beistehen, aber er mache sich keine Illusionen: "Es kann einiges schiefgehen und es wird einiges schiefgehen." Bleibt zu hoffen, dass es nicht so schlimm wird, wie ein Mieter befürchtete. "Es wird viele Schwierigkeiten, Gerichtsverfahren und Verzweiflung geben", prophezeite er. "Ich möchte nicht, dass Leute aus dem siebten Stock springen."

(RP)
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