Alexander Hülshoff Cellist spielt Johannes Brahms für Kinder

Kamp-Lintfort · Alexander Hülshoff führt am Mittwoch mehr als 100 Kinder aus Kamp-Lintfort mit dem Stück "Herr Brahms und der rote Igel" an die Kammermusik heran. Die Veranstaltung ist Teil des Kinder- und Jugendfestivals Kloster Kamp.

Herr Hülshoff, lieben Sie Brahms?

Hülshoff Ja sehr. Brahms ist der Inbegriff der deutschen Romantik, obwohl seine Musik formal gesehen etwas sehr Konkretes hat. Sie ist nicht so überbordend wie zum Beispiel die russische Romantik. Seine Werke haben eine strukturelle Stabilität, so wie wir es aus der Klassik kennen. Und doch gibt es immer wieder diese kleinen Momente, die ganz zauberhaft sein können. Ja, Brahms ist für mich der wichtigste Komponist der deutschen Romantik.

Die Geschichte "Herr Brahms und der rote Igel" hat Karl Böhmer aufgeschrieben. Wird in dem Kinderkonzert auch Brahms gespielt?

Hülshoff Es wird nur Brahms gespielt, allerdings immer nur ein paar Takte. Ein ausgewachsener Brahms dauert zehn bis 15 Minuten. Das ist zu lang für unser Publikum. Zu unserem Konzert im Rokokosaal des Klosters Kamp erwarten wir die Vorschulkinder aus den Kindertagesstätten Kamp-Lintforts. Wir lassen bewusst die Altersgrenze nach unten offen und versuchen, mehrere verschiedene Werke von Johannes Brahms anklingen zu lassen. Wir spielen zum Beispiel das Alphorn-Thema aus der 1. Sinfonie, arrangiert für Bratsche und Cello, und 30 bis 40 Takte aus dem Streichsextett. Die Musik habe ich ausgesucht. Aus den Werken von Johannes Brahms kann man unendlich viel schöpfen.

Woher kennen Sie Karl Böhmer?

Hülshoff Karl Böhmer ist Musikwissenschaftler und ein Experte der Musikgeschichte. Wir kennen uns durch die Villa Musica in Rheinland-Pfalz, einer Stiftung des Landes Rheinland-Pfalz und des Südwestrundfunks zur Förderung junger Musiker und der Veranstaltung von Konzerten im Bereich der klassischen Musik. Karl Böhmer ist dort Geschäftsführer, und ich bin künstlerischer Leiter. Es ist uns gemeinsam ein Anliegen, mit den Meisterwerken der Kammermusik auch zu den Kindern zu gehen.

Wer ist eigentlich der rote Igel?

Hülshoff Es gibt ein ganz bekanntes Bild, das die Silhouette von Johannes Brahms zeigt, dem ein roter Igel folgt. Es haben sich schon viele darüber gewundert, wer dieser Igel ist. Beantworten kann man es nicht. Wir deuten diesen Igel als inneren Ratgeber, der Brahms immer bei schwierigen Entscheidungen geholfen hat. Jeder Musiker wird Ihnen bestätigen, dass seine Kompositionen immer perfekt, ohne Fehler sind. Brahms hat jedes Stück bis ins kleinste Detail komponiert. Das heißt: Er muss vieles immer wieder verworfen und seine Entwürfe sogar vernichtet haben, um diese Perfektion zu erreichen. In unserem Stück beschreiben wir Brahms als einen mürrischen Menschen, der nur freundlich wird, wenn er Kindern begegnet. Dann verteilt er Bonbons. Mit dabei ist immer sein roter Igel. Als der eines Tages verschwindet, wendet sich Brahms an seinen Freund und Arzt, Dr. Theodor Billroth. Er erzählt, wie der berühmte Komponist und der Igel zu Partnern wurden, und macht sich zusammen mit den Mädchen und Jungen auf die Suche nach dem Igel.

Was ist das Besondere, für Kinder zu spielen? Was gefällt Ihnen daran?

Hülshoff Kinder sind so schön zu begeistern. Sie sind absolut unvoreingenommen und haben im Gegensatz zu Erwachsenen keine Erwartungshaltung, die sie bestätigt haben möchten. Der Austausch mit Kindern ist viel spontaner. Ich würde es mit einer verschneiten Landschaft vergleichen, in die man die ersten Schritte ins musikalische Gedächtnis der Kinder hinein setzt. Im Konzert entdecken sie etwas Neues, das sie so nie gehört haben. Die Idee, Kinder an die Kammermusik heranzuführen, entstand durch das Kammermusikfest Kloster Kamp. Unsere Kinder waren selbst noch klein, und wir haben uns spontan entschlossen, mit einem Musikpädagogen im Rahmen des Festivals auch Angebote für Kinder zu machen. Bis dahin hatte ich nur Studenten und Erwachsenen die Musik vermittelt.

Wer sind Ihre Mitspieler im Brahms-Konzert?

Hülshoff Boris Weber ist Schauspieler. Er schlüpft in die Rolle von Theodor Billroth. Thaer Eid (Viola) ist Syrer, der zu Beginn des Krieges nach Deutschland gekommen war. Ich konnte ihm damals als Dekan an der Folkwang Hochschule einen Studienplatz vermitteln. Er hat sich wunderbar entwickelt. Heute ist er fester Teil der Elbphilharmonie.

Erfüllt es Sie mit Stolz, dass sich das Kinder- und Jugendmusikfestival so gut entwickelt hat?

Hülshoff Ich bin dankbar, dass das Festival so toll von Jeannette von der Leyen unterstützt und organisiert wird. Sie hat das Musikfest sinnvoll an den hiesigen Schulen verortet. Das ist eine Riesenleistung. Und zwar jedes Jahr aufs Neue.

ANJA KATZKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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