Kamp-Lintfort Das Geheimnis des Kamper Gemäldes

Kamp-Lintfort · Ein Bild, dessen Bedeutung niemand kannte - das weckte die Neugier von Peter Hahnen, dem Leiter des Geistlichen und Kulturellen Zentrums Kloster Kamp. Auf der Suche nach der Lösung musste er über Deutschland hinaus nachforschen.

Seit Menschengedenken hängt in einem Zimmer des Klosters Kamp ein Bild. "Jahrzehntelang haben die Leute es betrachtet, aber nie wirklich verstanden", sagt Dr. Peter Hahnen. Als er vor gut einem Jahr Geschäftsführer des Geistlichen und Kulturellen Zentrums Kloster Kamp wurde, fragte er: "Was zeigt dieses Gemälde eigentlich?" Doch das wusste niemand. "Weil keiner etwas Näheres zu diesem Bild sagen konnte, war mein Forscherdrang geweckt", sagt Hahnen.

Er wollte wissen, was es mit der Darstellung auf sich hatte. Einen Anhaltspunkt hatte er: "Im Zentrum steht der heilige Antonius von Padua". Das Gemälde zeigt eine Szene in einem Thronsaal. Ein Herrscher sitzt dort erhöht, umgeben von seiner Wache. Der Heilige steht zu Füßen des Throns, vor den Stufen kniet ein älterer Mann. Von rechts bewegt sich eine Gestalt auf die Gruppe zu, bleich, ausgemergelt, in ein weißes Tuch gehüllt.

"Ich fragte Pater Georg, den ehemaligen Prior des Klosters", berichtet Hahnen. Doch der Karmeliter musste bei der Frage nach der Bedeutung des Gemäldes passen. Klar war, dass der Schlüssel in den Legenden um den Heiligen Antonius liegen musste. Und davon gibt es viele, etwa die Geschichte von der Fischpredigt. Eine Legende, die zu dem Bild passte, fand Hahnen bei seiner Lektüre jedoch nicht.

"Dann kam mir der Gedanke, Professor Udo Schmälzle in Münster zu fragen. Er ist Franziskanerbruder, wie der heilige Antonius." Doch auch Schmälzle räumte ein, er habe "keine Ahnung", welches Ereignis aus dem Leben des Heiligen in dem Bild verewigt wurde. "Er empfahl mir aber einen Ordensbruder in Paderborn." Über diesen wurde Hahnen an einen Kapuzinerkonvent in der Schweiz verwiesen - jetzt wurde die Suche international.

Die Kapuziner stehen im Ruf, ein eher verschlossener Orden zu sein. Vom Kamp aus mussten zwei Briefe geschickt werden, bevor eine Antwort kam. Einer der Patres empfahl, in einer bestimmten italienischen Sammlung von Legenden um Antonius nachzuschlagen. "Daraufhin habe ich bei der Diözesanbibliothek in Münster angerufen. Eine Mitarbeiterin sagte mir, dieses Buch sei tatsächlich im Magazin vorhanden." Mehr noch: "Sie war bereit, uns das Buch zukommen zu lassen." Im Kamper Kloster, dachte die Dame wohl, wird man mit seltenen Büchern anständig umgehen.

Beim Blättern in dem Werk kam Hahnen ein Stück weiter. Ihm wurde klar, dass der Mann auf dem Thron Ezzelino von Romano sein musste, der Anfang des 13. Jahrhunderts eine grausame Herrschaft in Verona ausübte. Antonius, der ein großer Prediger war, soll den Unhold mit feurigen Worten bekehrt haben.

Doch wer waren der alte Mann und die Gestalt im Tuch? Die Szene blieb noch immer rätselhaft. "Den Schlüssel hat dann Karl-Josef Rieger gefunden", sagt Peter Hahnen. Dem Pfarrer von St. Josef fiel beim Betrachten des Gemäldes auf, dass der thronende Herrscher, der Alte und die bleiche Gestalt eine gewisse Ähnlichkeit haben. Das war der Durchbruch.

"Die Darstellung funktioniert auf verschiedenen Ebenen", erklärt Hahnen. Die bleiche Gestalt ist Ezzelino im Totenhemd - die Predigt des Heiligen hatte den Herrscher gemahnt, an seine Sterblichkeit zu denken. Der fromm knieende Mann ist der gewandelte, ältere Ezzelino. Die Worte der Predigt sind so anschaulich, so lebendig geworden, dass Ezzelino und seine Soldateska vor der Vision zurückschaudern.

Für dieses interessante Ergebnis hat sich die Suche gelohnt, meint Peter Hahnen. Wer übrigens das Bild gemalt hat und wie alt es eigentlich ist, darüber weiß man sehr wenig. Vielleicht der Beginn einer neuen Suche?

(RP)
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