Kamp-Lintfort "Der Kirche fehlt die Stimme"

Kamp-Lintfort · Tischrunde zum Reformationstag mit Siegmund Ehrmann im Lutherhaus.

 Siegmund Ehrmann (links hinten) bei seiner Tischrede zum Reformationstag.

Siegmund Ehrmann (links hinten) bei seiner Tischrede zum Reformationstag.

Foto: Kdi

Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt, das Neue Evangelische Forum Kirchenkreis Moers und die Mitarbeitervertretung im Kirchenkreis Moers hatten zu einer Diskussionsrunde am Vorabend der Reformation eingeladen. Ganz nach dem Vorbild der Lutherischen Tischrunden setzte der Kreis der Interessierten zum wiederholten Mal auf den kritischen Austausch, die Reflexion. Redner in diesem Kreis war Bundestagsabgeordneter Siegmund Ehrmann, der in der Lutherdekade kritisch das Verhältnis von Kirche und Politik beleuchtete und die Konsequenzen für die Gesellschaft mit der Tischrunde erörterte.

"Wir feiern im nächsten Jahr Martin Luther und die Reformation als großes Event", so Ehrmann. Die Reformation im 16. Jahrhundert sei einer Revolution, einer gesellschaftlichen Umwälzung, gleichgekommen. Das gesellschaftliche Leben habe sich neu aufgestellt, entsprechend dem reformatorischen Prinzip, dass Kirche sich ständig weiterentwickeln muss. Heute, im 21. Jahrhundert, habe speziell der Gedanke der Reformation jedoch keine Zugkraft mehr, sorge auch nicht für den nötigen Wind und den Wandel in der Gesellschaft. Die Epochen an sich seien allerdings nicht miteinander vergleichbar, so Ehrmann. Heute habe die Gesellschaft eine viel stärkere Verantwortung für die Welt zu tragen, die letztendlich auch für die Schattenseiten dieser Entwicklung zuständig sei. Ehrmann: "Ich spüre keinen Wind."

Gerade von der Kirche mit ihrer Gottes- und Nächstenliebe werde in der Gesellschaft ein starkes Wort gewünscht, das korrigierend wirke. Politik habe auch die Aufgabe zur Korrektur. "Aber, ob wir als Kirche wirklich die Not sehen, die oftmals direkt vor unseren Türen stattfindet, weiß ich nicht", betonte Pfarrer Jürgen Widera, vom Arbeitsdienst in der Arbeitswelt, und führte Beispiele über Arbeitsbedingungen, über Dumpingpreise von kirchlichen Arbeitgebern an, die sich weg von verbindlichen Tarifverträgen bewegten. "Uns mangelt es an Korrektur. Kirche setzt auf starke Worte. Ihr fehlt jedoch die Stimme." Die Botschaft, so Ehrmann, sei doch, dass Kirche sich mehr einmischen müsse und nicht als Blockierer verstanden werde dürfe. Entsprechend der Tradition der Lutherischen Tischgespräche wurden im Anschluss Suppe und Luther-Bier serviert.

(sabi)
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