Kamp-Lintfort Eltern gründen eigene Kita-Notgruppen

Kamp-Lintfort · Erzieherinnen-Streik macht Mütter und Väter erfinderisch. Gastronom Michael Rosin spendet Essen für Elterninitiative in der Kita Terhardshof.

 Mittagessen in der von Eltern gegründeten Notgruppe in der Kita Terhardshof. Michael Rosin (in Kochmontur) spendiert das Essen. Neben ihm: Sabrina Scheller (blaues Kleid) und Verena Pluschkat.

Mittagessen in der von Eltern gegründeten Notgruppe in der Kita Terhardshof. Michael Rosin (in Kochmontur) spendiert das Essen. Neben ihm: Sabrina Scheller (blaues Kleid) und Verena Pluschkat.

Foto: Klaus Dieker

300 Kinder und deren Familien sind vom Streik der Erzieherinnen in den fünf städtischen Kindertagesstätten Kamp-Lintforts betroffen. Nur für ein Zehntel der Kinder kann die Stadt Plätze in einer Notgruppe in der Kita "Bunte Welt" anbieten. Der Streik geht in die vierte Woche. "So kann es nicht weitergehen", haben sich Verena Pluschkat und Sabrina Scheller gesagt, deren Kinder normalerweise die Kita Terhardshof besuchen. "Viele Eltern sind berufstätig, die Kinder brauchen Aufsicht." Über Whatsapp haben die Frauen eine Initiative gestartet, die zur Bildung einer von Eltern betreuten Kita-Gruppe führte.

20 Jungen und Mädchen im Alter zwischen zwei und vier Jahren werden in einem Raum am Terhardshof betreut. Die Aufsicht teilen sich die Mütter und Väter, die gemeinsam einen "Dienstplan" aufgestellt haben. Je vier Mütter und Väter sollen vormittags und nachmittags da sein. "Wir haben geschaut, wer wann eine Aufsicht übernehmen kann", schilderte gestern Verena Pluschkat.

Der Kita-Betrieb in Elternregie läuft zu den gewohnten Kita-Zeiten, montags bis freitags von 7.30 bis 16.30 Uhr. Auch für ein Mittagessen ist gesorgt: Es kommt von Rosins Restaurant & Café. "Das machen wir bis zu den Sommerferien, falls der Streik so lange dauert", versprach Michael Rosin. Sonst bereitet eine Kita-Köchin das Essen für die Kinder zu, doch sie streikt ebenfalls. Als Senada Dugalic, deren Sohn Danis-Timo die Kita Terhardshof besucht, das hörte, bot sie Hilfe an. "Ich habe ein bisschen herumtelefoniert." Bei Rosin hatte sie Glück. Zunächst war der Gastronom skeptisch, doch dann sagte er zu, nicht nur für "kleines Geld", sondern sogar kostenlos zu kochen und zu liefern. "Wenn es den Kindern schmeckt, dann schleppen sie ihre Eltern demnächst vielleicht ins Restaurant, statt zu McDonald's", sagte Rosin.

Gestern gab's Hähnchenbrustfilet mit Kartoffelpüree, Broccoli und Blumenkohl - und es hat Max, Faris, Antonia, Elias, Henriette und den anderen hervorragend gemundet. Alle Kinder verewigten sich mit bunten Handabdrücken auf einer Leinwand - ein symbolischer Dank an Michael Rosin. "Das Bild hänge ich im Restaurant auf", sagte er gerührt.

Kitastreik: Demonstration vor dem Landtag
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Foto: dpa, mjh sab

Mittlerweile gibt es drei solche Elterninitiativen in Kamp-Lintfort. Auch in der Kita "Tausendfüßler" sowie seit Montag in der Kita "Löwenzahn" springen Mütter und Väter für die Erzieherinnen ein. Die Stadt stellt die Räume zur Verfügung. "Sollten sich weitere Eltern-Initiativen bilden, würden wir sie genauso unterstützen", sagte Ariane Bauer, Pressesprecherin der Stadt.

Die Geister-Kitas von Düsseldorf
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Foto: Endermann, Andreas (end)

Für die Eltern ist es mitunter schwer, den Notdienst zu organisieren. Florian Liehr, Lehrer in Teilzeit an der Sekundarschule Kamp-Lintfort, ist manchmal darauf angewiesen, dass ein Kollege ihn vertritt. "Meine Frau ist auch berufstätig, irgendwann sind die Ressourcen wie Oma erschöpft - aber die Kinder brauchen eine Betreuung", sagte er. Altenpflegerin Julia Reubert ist froh, dass ihre Chefin mitspielt. "Ich kann die Arbeit nachholen, die ich durch die Kita-Aufsicht versäume", sagte die 28-Jährige. Den Streik sieht sie inzwischen kritisch: "Ich bin auch unterbezahlt und kann nicht einfach so streiken." Im Allgemeinen ist das Verständnis für die Erzieherinnen aber groß. Florian Liehr: "Sie können nichts dafür, dass ihnen nur der Streik bleibt, um ihre Interessen durchzusetzen."

(RP)
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