Kamp-Lintfort Gemeinde bestürzt über Schmierereien

Kamp-Lintfort · Unbekannte haben in Kamp-Lintfort Kunstwerke, Türen und Wände in der Kirche St. Josef mit schwarzer Farbe zu gesprüht. Die Täter hinterließen verklausulierte Drohungen und ein angedeutetes seitenverkehrtes Hakenkreuz.

 Pfarrer Karl Josef Rieger ist entsetzt: Auch vor dem Marienbildnis machten die Schmierfinken nicht Halt.

Pfarrer Karl Josef Rieger ist entsetzt: Auch vor dem Marienbildnis machten die Schmierfinken nicht Halt.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

Es geschah am helllichten Tage: Zwischen 13 und 16.30 beschmierten unbekannte Täter das Innere der St.-Josef-Kirche in Kamp-Lintfort mit schwarzem Sprüh-Lack. "Die Zeit lässt sich deshalb so genau eingrenzen, weil um 13 Uhr noch jemand in der Kirche war. Um 16.30 Uhr habe ich dann die Sprühereien entdeckt", berichtet Pastor Karl Josef Rieger. Auch fast eine Woche nach der Tat, die bis heute unaufgeklärt ist, ist ihm die Erschütterung deutlich anzumerken. "Unmittelbar nach der Entdeckung hatte ich eine Messe. Ich war gar nicht richtig bei der Sache und habe das den Gemeindemitgliedern auch erklärt. Ich hätte nie gedacht, dass mich das so mitnehmen würde", sagt der Pfarrer.

Besonders schmerzt ihn ein schwarz übersprühtes Madonnen-Mosaik, das aus den 20er-Jahren, der Bauzeit der Kirche stammt. "Die einzelnen Kacheln lassen sich wohl reinigen, aber die Farbe ist in die Fuge eingezogen. Ich weiß nicht, wie die Konservatorin das wieder hinbekommt."

Die Täter hatten sich in der frei zugänglichen Marienkapelle ausgetobt und auch auf dem Weg zur Empore ihre Spuren hinterlassen. Dorthin konnten sie nur nach Überklettern eines Gitters gelangen. Rieger glaubt an mindestens zwei Tatbeteiligte: "Einer allein kommt da nur schwer drüber."

Hinweise auf die Motivlage der Täter ergeben sich durch die hinterlassenen Zeichen nicht. Wegen eines umgedrehten Hakenkreuzes hielt Rieger zunächst einen rechtsextremistischen Hintergrund für möglich. Auch weil sich die Gemeinde besonders stark in der Flüchtlingsarbeit organisiert habe. "Deshalb war auch der Staatsschutz noch am gleichen Abend in der Kirche, um sich das anzuschauen", sagt Rieger. Nach der Besichtigung habe sich der Experte auf ein Täterprofil nicht festlegen wollen. Er habe aber durchblicken lassen, dass Rechtsextremisten sicherlich gewusst hätten, wie ein Hakenkreuz aussieht. Zudem fehle in Kamp-Lintfort eine rechtsextremistische Szene. Dagegen gebe es in jüngster Zeit vermehrt Schmierereien im gesamten Stadtgebiet - zum Teil mit den Schriftzügen "Ultras" und "BVB".

Auch islamistische Täter hält Rieger für wenig wahrscheinlich. "Wir hatten zwar eine entsprechende Warnung durch das Bistum bekommen. Aber in letzter Zeit war es ruhig. Die Taten hatten sich im Raum Krefeld-Mönchengladbach ereignet, und dort ging es vor allem darum, den Opferstock zu knacken, um das Geld dem IS zukommen zu lassen."

Der Staatsschutz-Experte habe daher eher auf jugendliche Täter ohne politischen Hintergrund getippt. Wohl nicht komplett auszuschließen sind wohl auch Linksradikale. Die an zwei Türen gesprühte Abkürzung A.C.A.B ("All Cops Are Bastards - alle Polizisten sind Bastarde") wird gerne von Autonomen genutzt, hat aber auch in der jugendliche Straßen-Szene Verbreitung gefunden. In eine ähnliche Richtung geht auch die Zahl 187, die unter Mitgliedern rivalisierender Gangs Angst und Schrecken auslösen soll.

Eine offizielle Auskunft war durch den Staatsschutz Duisburg gestern nicht zu erhalten. Ein Polizeisprecher hält die Äußerungen des Kamp-Lintforter Pastors jedoch für plausibel. Wie hoch der Schaden ist, kann Pastor Rieger derzeit noch nicht beziffern. "Fest steht nur, dass keine Versicherung dafür aufkommt, weil die Kirche nicht verschlossen war. Das bleibt an der Gemeinde hängen."

Wie es nun weiter geht, weiß er noch nicht. Er habe überlegt, die Madonna einfach als Mahnung schwarz zu lassen, aber da habe das Bistum nicht mitgespielt. Möglicherweise müsse man über eine Videoüberwachung nachdenken. Eines aber komme nicht infrage: "Ich werde die Kirche ganz sicher nicht abschließen."

(RP)
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