Kamp-Lintfort Kamp-Lintforter plante kein Attentat

Kamp-Lintfort · Der 28-Jährige war wegen Terrorverdacht in Untersuchungshaft. Verurteilt wurde er lediglich wegen unerlaubten Waffenbesitzes.

Der Fall sorgte für Gesprächsstoff in der Region. Ein 28-jähriger Mann wurde im Mai 2017 nach der Durchsuchung einer Garage in Neukirchen-Vluyn festgenommen. Dort wurden Materialien von ihm gefunden, die sich prinzipiell zum Bombenbau eigneten. Ende Februar begann dann vor dem Düsseldorfer Landgericht der Prozess. Der Vorwurf: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (die RP berichtete). Nur drei Wochen später folgte nun die Urteilsverkündung.

Der Kamp-Lintforter wurde wegen Besitzes einer Handgranate nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz sowie wegen unerlaubten Besitzes von Schusswaffen und einem Schlagring zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Das Verfahren wegen einer schweren staatsgefährdenden Straftat wurde zuletzt schon nicht mehr weiterverfolgt. Für das Gericht steht fest, dass das Interesse des Mannes am Bau eines Sprengsatzes nicht auf einer radikalislamischen Gesinnung beruhte und er niemals plante, ein Sprengstoffattentat auszuüben.

So stellte sich nun das heraus, was sich schon zu Prozessauftakt andeutete. Der Angeklagte wurde zum Opfer unglücklicher Umstände. In seiner Jugend experimentierte er mit Pyrotechnik, bastelte eigene Böller und Raketen. In diesem Zusammenhang erwarb er auch eine sogenannte Sprengmatte und schraubte an Fernzündern herum. "Alles nur, um Eindruck zu schinden", erklärte er. Als er vor einigen Jahren das Interesse verlor, stellte er die Materialien in der Garage seines Bekannten, eines 24-jährigen Neukirchen-Vluyners, unter. Dort wurden die bombenfähigen Stoffe dann im Mai bei einer Fahndung nach Diebesgut zufällig entdeckt und sichergestellt.

Der Verdacht erhärtete sich dadurch, dass dem Kamp-Lintforter Kontakte zur "Lohberger Brigade" nachgesagt wurden. Auf dem Handy des Angeklagten fand sich die Nummer eines Mitglieds der Dinslakener Islamistenszene, deren Mitglieder im Syrien-Krieg für den sogenannten Islamischen Staat kämpften. Eine Pilgerreise nach Mekka und mehrere Auftritte in traditionellem Gewand verstärkten den Verdacht einer Radikalisierung bei dem 28-Jährigen. Eine solche Gesinnung konnte ihm allerdings nicht nachgewiesen werden. Vielmehr erschien es glaubhaft, dass es sich bei dem Kontakt aus Dinslaken nur um eine zufällige Arbeitsbekanntschaft gehandelt habe.

Strafbar blieb somit lediglich die Waffenleidenschaft des Angeklagten. Neben legalen Jagdwaffen war er auch im Besitz eines Schlagringes, einer Kartoffelkanone und einer, jedoch nicht scharfen, Handgranate.

Letztere habe er auf dem eigenen Dachboden gefunden, es sei wohl ein Vermächtnis seines verstorbenen Vaters gewesen. Das reichte zusammengenommen nur für die ausgesprochene Bewährungsstrafe. Somit konnte der 28-Jährige nach zehnmonatiger Untersuchungshaft das Gerichtsgebäude als freier Mann verlassen.

(mlat)
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