Kamp-Lintfort "Michaelskapelle ist Kleinod des Glaubens"

Kamp-Lintfort · Weihbischof Wilfried Theising predigte zum 300-jährigen Jubiläum des Gotteshauses, dessen Renovierung zum Geburtstag abgeschlossen wurde. 100.000 Euro hatte die Michaelsbruderschaft gesammelt.

 Weihbischof Wilfried Theising hielt gestern in der Michaelskapelle den Festgottesdienst.

Weihbischof Wilfried Theising hielt gestern in der Michaelskapelle den Festgottesdienst.

Foto: siwe

Wilfried Theising bekannte sich zur Michaelskapelle, deren 300. Geburtstag die Saalhoffer gestern mit einem Umzug, einem Festgottesdienst und einem Sommerfest feierten. "Als ich 2010 das erste Mal in Kamp-Lintfort war, hat Pfarrer Karl Josef Rieger mir von der St.-Michaelskapelle erzählt", berichtete der Weihbischof aus Xanten. "Ich habe geahnt, wo dieses Kleinod lag. Gesehen habe ich die Kapelle nicht, wenn ich daran vorbeigefahren bin. Sie liegt ja verborgen und hat keinen hohen Kirchturm. Ein lebendiger Glauben wird nicht sichtbar durch die Höhe des Kirchturms, sondern seine Verborgenheit. Das Wesentliche liegt im Verborgenen." 180 Gläubige hörten ihm in der übervollen Kapelle zu. Noch einmal so viele verfolgten den Gottesdienst im Zelt, in das er auf Leinwand übertragen wurde.

Schließlich hatten die Saalhoffer acht Jahre auf den Jubiläumstag hingefiebert. "2008 haben wir mit dem Sammeln von Spenden angefangen", erzählte Hans-Dieter Dormann in seinem Grußwort, mit dem der eineinhalbstündige Gottesdienst schloss. "Am Anfang haben wir mit 40.000 Euro gerechnet. Wenn wir gewusst hätten, was auf uns zukommt, hätte niemand angefangen." Aber der Brudermeister der St.-Michael-Schützenbruderschaft Saalhoff wusste vor acht Jahren noch nicht, was auf die Bruderschaft und die Saalhofer Frauengemeinschaft zukommen sollte. Als Dachdecker und Zimmerleute 2013 den Dachstuhl freilegten, um ihn neu zu decken, entdeckten sie Balken, von denen einige angefault waren. "Es sah aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte", erinnerte sich Willi Gelen in seinem Grußwort an den Zustand. Der Vorsitzende des Schützenvereins Altfeld-Saalhoff hatte die Baustelle oft besucht, da sein Schützenverein mit der Bruderschaft beim jährlichen Schützenfest kooperiert.

So kostete es 100.000 Euro, den Mittelpunkt des kirchlichen und weltlichen Lebens in Saalhoff mit einem neuen Dach und einem neuen Glockentürmchen zu versehen. "Es wäre noch viel teurer geworden", sagte Hans-Dieter Dormann. "Aber Ehrenamtliche haben unentgeltlich 1500 Stunden geleistet. Dazu haben einige Saalhoffer Unternehmen kostenlos Mitarbeiter gestellt. Einige Unternehmen haben auch nur das Material berechnet, nicht den Lohn."

Er sprach alle, die er kannte an, um Spenden zu erhalten. "Das hat nicht immer Spaß gemacht", schmunzelte er gestern. "Aber jetzt ist alles fertig - und alles ist bezahlt. Ich danke meiner Frau Brigitte, ohne die ich das nicht geschafft hätte. Und ich danke alle, die gespendet und mitgeholfen haben." Für Bürgermeister Christoph Landscheidt war es mehr als eine Renovierung. "Die Bruderschaft hat die Kapelle aus dem Dornröschenschlaf geküsst", sagte Landscheidt, der zugleich Mitglied des Beirates der Sparkasse ist, die mit 20.000 Euro die größte Spende überwiesen hatte. "Sie ist ein verborgenes Kleinod. Sie ist Mittelpunkt der Gemeinde."

Das meinte auch Pfarrer Karl Josef Rieger, der zusammen mit dem Weihbischof und Diakon Werner Hüning den Gottesdienst hielt. "Die Kapelle stiftet Identität", blickte der Dechant auf die Renovierung, die Weihnachten 2015 abgeschlossen war. "Wenn andere Kirchen zu Kindergärten und Kolumbarien umgestaltet werden, ist es schön, dass hier vor fast 100 Jahren ein Schankraum in eine Kirche umgewandelt wurde. Der Niederrhein schaut auf dieses Haus."

Schließlich ist dieses Gebäude auch die Keimzelle der Brauerei Diebels. Von 1874 bis 1878 braute Josef Diebels dort sein erstes Bier, bis er seine Brauerei in Issum gründete. Eigentümer der Kapelle ist die Familie Hoogen-Baaken, die sie der Bruderschaft ohne Pacht überlässt. "Mein Großvater Johannes Hoogen hat 1984 gesagt, die Kapelle soll immer ein Gotteshaus bleiben", sagte Stefan Hoogen beim Jubiläum. "An dieser Tradition ändert sich nichts."

(got)
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